Hallo zusammen,
einmal von den eingrenzenden Hinweisen abgesehen, möchte ich mal eine unverbindliche Rechtsmeinung zur Frage abgeben:
Die Frage impliziert bereits, dass es keine fachlichen Gründe gegen eine Abgabe gibt. Denn solche können im Falle eines zugelassenen und dem Stand der Wissenschaft entsprechenden Arzneimittel immer nur einzelfallbezogen sein. Auch dürfte es sich vorliegend eher um die inzwischen zum Regelfall gehörende OTC-Versorgung handeln.
Betrachten wir zunächst die Ausgangslage, so gilt auch für nicht-verschreibungspflichtige AM grundsätzlich der Kontrahierungszwang (vgl. § 1 ApoG; § 1 BApO). Nun musste es in Ermangelung von fachlich-pharmazeutischen Gründen alternative Rechtsfertigungen für eine Abgabeverweigerung geben. Berücksichtigt man die regelhafte Notsituation in der eine Patienten steckt, die der Notfallkontrazeption steckt, sind bereits strengere Maßstäbe an eine solche Ausnahmerechtfertigung zu stellen, als bei vielen anderen Arzneimitteln.
Eine solche Ausnahme hat die Rechtsprechung im Falle eines Berliner Apothekers in seiner religiösen bzw. Gewissensüberzeugung vor dem Hintergrund einer an sich ausreichenden Versorgungssituation und damit alternativen Erwerbsmöglichkeit für die Patienten gesehen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 26.11.2019 - 90 K 13.18 T). Insofern ist der zuvor verlinkte Artikel zur Unzulässigkeit der Abgabeverweigerung zu allgemein und durch die Rechtsprechung relativiert.
Wir sprechen somit bereits an dieser Stelle über eine Frage des Einzelfalls, ob die Position des Inhabers überhaupt gerechtfertigt sein kann. Unterstellen wir eine Vergleichbarkeit, so stellt sich erst im nächsten Schritt die Frage, ob er eine entsprechende Weisung an bei ihm angestellte Apotheker erteilen darf.
Der Apotheker - egal ob beschäftigt oder selbständig - handelt als freier Beruf grundsätzlich eigenverantwortlich und fachlich unabhängig (vgl. etwa § 1 Abs. 2 BO LAK BW). Im Vergleich zu "normalen" Berufen ist die Weisungsbefugnis eines Apothekeninhabers als Chef gegenüber seinem angestellten Apotheker als Mitarbeitenden demnach eingeschränkt. Insbesondere in pharmazeutischen Fragen handelt er frei und eigenverantwortlich "Vereinbarungen, Absprachen und Handlungen, die diese Unabhängigkeit beeinträchtigen, sind unzulässig" (§ 3).
Religiöse oder sonstige Weltanschauung lässt sich nicht "anordnen". Dem steht das AGG entgegen. Sollte der angestellte Apotheker diese Rechtfertigungsgründe somit nicht teilen, fehlt es ihm an einer solchen als Legitimation für die Abgabeverweigerung.
Meiner Rechtsauffassung nach ist die Beschränkung des angestellten Apothekers in rechtlicher Hinsicht damit nicht zulässig. Dass eine Weigerung gegen die Anweisung in der Realität Probleme machen könnte, scheint jedoch vorprogrammiert. Gleiches gilt dann aber auch für die Höhe der Abfindung, sollte der Wahre Kündigungsgrund herauskommen.
Eine indirekte Lösung scheint mit den Bestand auf "0" zu setzen. Eine mögliche Bestellwilligkeit scheint mir in dieser Indikation eher gering.
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