Mhc-1

[Martin Richter]

MHC-1 befindet sich auf allen kernhaltigen Zellen. Es dient dem Immunsystem zur Erkennung körpereingener Zellen. Was ist aber mit unseren kernlosen Zellen (Erytrozyten, Thrombozyten)? Wieso werden sie von dem Immunsystem nicht als 'fremd' erkannt?

[Christopher Kreiss, Dipl.-Pharm.]

Lieber Herr Richter,

Erythrozyten aus einer Blutspende werden vom Immunsystem sehr wohl als fremd erkannt und es erfolgt Agglutination (sofern die Blutgruppen nicht kompatibel sind)! Die Angriffspunkte der Antiköper werden durch das Glykosylierungsmuster der Oberflächenproteine der Erythrozyten determiniert.


Mit besten Grüßen -
C. Kreiss

[Martin Richter]

So weit ich weiß, werden alle Zellen die kein MHC-1 haben vom Immunsystem abgebaut (z.B. Tumore, die das MHC nicht mehr herstellen können). Erytrozyten und Trombozyten ( = körpereigene kernlose Zellen) haben kein MHC-1 (nur auf kernhaltigen Zellen) und werden trotzdem nicht abgebaut. Wieso?

[nymphadora]

Die körpereigenen Erythrozyten besitzen aber keine fremden Antigene, die eine Immunantwort auslösen könnten.

[Martin Richter]

Und jetzt vielleicht jemand, der auf das antwortet, was ich gefragt habe?

[nymphadora]

Ich glaube, du verstehst da etwas falsch. Tumorzellen werden nicht deswegen abgebaut (bzw. als fremde Zellen erkannt), weil sie keine MHC-1-Antigene besitzen, sondern, weil sie zusätzlich Antigene exprimieren, die dem Immunsystem fremd sind.

[Juliane Rahmig]

Hi,
ich vermute, dass Erythrozyten auch kein NK-Zell-Liganden besitzen, so dass diese von NK überhaupt nicht erkannt und somit auch nicht zerstört werden.
lg

[Christopher Kreiss, Dipl.-Pharm.]

Hallo nochmals,


die Thematik ist äußerst komplex!

Nach etwas eingehenderer Recherche lässt sich aus meiner Sicht Folgendes festhalten:

1) Thrombozyten tragen laut zahlreicher Quellen MHC 1 Antigene, wenn auch eher in geringer Menge (siehe http://tinyurl.com/3kgzqnp)

2) Es ist zumindest nicht unumstritten, dass auch Erythrozyten (unter bestimmten Bedingungen) MHC 1 präsentieren, siehe http://tinyurl.com/42bo2uq (G. Daniels "Human Blood Groups", Wiley-Blackwell 2002; S. 522). Es finden sich zudem einige Untersuchungen zu der Rolle von hypothetischem MHC 1 bei der Pathogenese von Autoimmunerkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematosus (siehe http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2375908). Allerdings sind die meisten dieser Artikel älteren Datums.

Man sollte außerdem anmerken, dass Erythrozyten "nach Ablauf ihrer Lebenszeit" (Stichworte: Seneszenz, Eryptose) ebenfalls von immunkompetenten Zellen beseitigt werden; die entsprechenden Signalwege sind vielschichtig; zu einer evtl. Beteiligung von MHC 1 habe ich in der mir zur Verfügung stehenden Zeit nichts finden können.

Die vergleichsweise kurze Lebensdauer von Erythrozyten wird von dem Autor dieses Beitrags als Erklärung für die "verminderte immunogene Kennzeichnung" herangezogen: http://www.madsci.org/posts/archives...7553.Im.r.html.


Mit besten Grüßen -
C. Kreiss