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Thema: Medikamente gegen chronischen Durchfall bei Pankreaskarzinom

  1. #1
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    Medikamente gegen chronischen Durchfall bei Pankreaskarzinom

    Hallo Zusammen,

    Ich habe eine 74 jährige Patientin mit Pankreaskarzinom.
    Medikation: einmal wöchentlich palliative Chemo(Arzneistoff leider unbekannt), Tarceva, Panzytrat, Mutaflor, Lopedium, Maltodextrin 19

    Sie hat derzeit einen guten Allgemeinzustand.(normalgewichtig, nicht depressiv und körperlich noch fit, bewältigt den Alltag ohne Probleme)
    Sie hat allerdings schon seit längerer Zeit sehr stark mit Durchfall zu kämpfen, der Ihr den Alltag sehr verleidet.
    Das Loperamid hilft ihr nicht wirklich. So berichtet Sie, das die Mutaflor Kapseln so unten wieder rauskommen, wie sie sie eingenommen hat.
    Das Verhältnis zwischen Arzt/Apotheke und Patientin ist sehr gut. Jetzt sind wir gemeinsam auf der Suche nach einem Medikament, was den Durchfall stoppen kann.
    Meine Überlegungen gehen jetzt einmal in Richtung Opiumtinktur (was zumindest Schmerzmitteltechnisch derzeit nicht notwendig wäre) oder in Richtung Tiorfan.
    Bevor ich jetzt allerdings dem Arzt bzw der Patientin gegenüber eine Empfehlung ausspreche, würde ich gerne wissen, ob etwas dagegen spricht, bzw ob es noch weitere Vorschläge gibt.

    Mit freundlichen Grüssen
    Auroraborealis
    Geändert von auroraborealis (15.03.2011 um 23:24 Uhr)

  2. #2
    Premium-User Avatar von Dr. Juliane Kresser
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    Liebe Frau Staffeldt,

    zu Racecadotril gibt es einen sehr guten Eintrag in der PZ unter http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=147.
    Kurz Grundlegendes:
    Die maximale Hemmung wird etwa zwei Stunden nach der Einnahme erreicht, die Plasma-Enkephalinase etwa acht Stunden lang gehemmt. Die Halbwertszeit beträgt circa drei Stunden. Racecadotril und seine Metaboliten werden hauptsächlich renal eliminiert.

    Bitte darauf achten, dass zusätzliche Rehydrationsmaßnahmen durch ausreichend Flüssigkeitszufuhr gesichert sind.

    Die Behandlung sollte bis zum Auftreten von zwei normalen Stuhlgängen fortgesetzt werden, wobei die Behandlungsdauer sieben Tage nicht überschreiten sollte.
    So und da haben wir schon die entscheidende Information: Die Behandlungsdauer sollte 7 Tage nicht überschreiten.
    Wie ich Sie verstanden habe, kommen diese Durchfälle oft bis ständig vor. Eine Dauerlösung ist Tiorfan nicht, aber bestimmt einen Versuch wert, zumal es gut vertragen wird und gravierende Interaktionen oder CAVE Risiken bei Ihrer Patienten laut Schilderung nicht zu befürchten sind. Da Tiorfan Saccharose enthält, ist das Mittel nur bei Patienten mit hereditärer Fructoseintoleranz, Glucose-Galactose-Malabsorption oder Saccharase-Isomaltase-Mangel kontraindiziert.

    Im Fertigarzneimitteltext ist noch der Hinweis zu finden, dass Tiorfan bei chronischer Diarrhoe nicht ausreichend geprüft ist.

    Bezüglich Alternativen:
    Bei Colina oder Colina spezial kommt es leider zu Interaktionen. Ohne massive Interaktionen könnten noch Siandra, Metifex, Entero Teknosal, Diarrhoesan gegeben werden nach Arztrücksprache!!!


    Herzliche Grüße
    J. Kresser

  3. #3
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Diärrhoe bei Chemo

    Sehr richtig!! und Racecadotril ist (am besten in der Maximal-Dosis) bei diesem interessanten (aber leider häufigen Fall) sicher einen Versuch Wert :-)

    Bleibt noch zu ergänzen, das in der onkologischen Literatur die Dosierung von Loperamid laut Fachinfo (max. 16 mg oder 8 Tabl. pro Tag) bei einer Chemo als zu niedrig kommentiert wird. Hier werden üblicherweise bis zu max. 48 mg pro Tag als (z.T. eben notwendige) Höchstdosis OFF-LABEL genannt.

    Wenn hingegen Scherzen und Krämpfe bestünden, wäre in der Plliativmedizin die eingestellte Opium-Tinktur eine sehr gute Idee. Hinweis zur Dosis: eingestellte opiumtinktur enthält 1% Morphin und 20% Gesamtalkaloide

    Wie Frau Dr. Kressner richtig sagte: nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt!

    Herzliche kollegiale Grüße

    Dr. Alexander Ravati
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

    Apotheker, Ihr Experte im Forum Spezielle Rechtsgebiete und Pharmazie
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  4. #4
    Premium-User
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    Liebe Kollegen,
    Vielen Dank für Ihre Antworten.
    Mit dem Arzt habe ich bereits gesprochen. Tiorfan war ihm bisher unbekannt. Daher habe ich Ihm hierzu ein paar nähere Informationen besorgt.
    Neben Tiorfan habe ich als Alternativen EnteroTeknosal und Diarhoesan vorgeschlagen.Der Doktor hat selber auf die Opiumtinktur verwiesen. Allerdings hat die Patientin vermutlich zuwenig Kreon eingenommen. (Allerdings weiss der Hausarzt hier eventuell nicht, das auch der Onkologe das Kreon verschreibt.)
    Die Patientin hatte heute einenTermin beim Hausarzt. Ob und Inwieweit jetzt die Diarroe weiter behandelt wird, werde ich vermutlich erst in den nächsten Tagen erfahren.
    Die Chemo wurde aufgrund einer Thrombozytopenie erstmal ausgesetzt und das Tarceva kurzfristig abgesetzt, bis sich die Blutwerte wieder verbessern. Eventuell verbessert sich auch hierdurch der Durchfall.
    Ich danke Ihnen für Ihre Überlegungen. Herr Ravati, ausserdem vielen Dank für den Hinweis für die Off Label Dosis des Loperamids. Ich werde das so nochmal an den Doktor weitergeben, falls erforderlich.
    Herzliche Grüsse
    Auroraborealis
    Geändert von auroraborealis (15.03.2011 um 23:25 Uhr)

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