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Thema: Garantie- und Gewährleistungspflichten der Apotheke bei Arzneimitteln

  1. #1
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    Garantie- und Gewährleistungspflichten der Apotheke bei Arzneimitteln

    Mich würde interessieren welche Pflichten die Apotheke gegenüber dem Patienten hat, wenn Arzneimittel die zu Lasten der GKV abgegeben wurden Qualitätsmängel haben. Die Pflicht den Verdacht des Qualitätsmangels an die AMK und die zuständige Behörde zu melden ist bekannt. Wie sieht es aber mit Garantie und Gewährleistung aus, sind wir verpflichtet das Arzneimittel zu ersetzen im Zweifelsfall auch aus anderen Packungen auszueinzeln?

    Im konkreten Fall forderte ein aufgebrachter Patient die Abgabe von einer Fertigspritze Crusia 4000 I.E. / 40 mg ohne Rezept, da aufgrund einer seiner Meinung nach fehlerhaften Spritze keine Dosis verabreicht werden konnte. Das Enoxaparin sei zur Thromboseprophylaxe bei Langstreckenflügen eingesetzt und er bräuchte jetzt Ersatz da er in 3 Stunden fliegen müsse. Die angeblich fehlerhafte Spritze konnte er vorlegen. Er forderte mit Verweis auf Nacherfüllungspflichten des Händlers im Falle fehlerhafter Produkte, dass wir ihm eine fehlerfreie Spritze auszuhändigen haben.
    Aufgrund der Schilderung des Patienten erschien mir eine fehlerhafte Anwendung aber als die wahrscheinlichere Ursache. Der Abgabe einer weiteren Packung bzw auch nur einer einzelnen Fertigspritze Crusia als Ersatz steht meiner Auffassung ganz klar ein Verstoß gegen die AMVV entgegen.
    Grundsätzlich stellt sich mir auch die Frage ob die Apotheke überhaupt ersatzpflichtig wäre, da sie ja den Mangel nicht zu vertreten hat und v.a. bei Einhaltung aller gesetzlichen Regelungen im Bezug auf die Leiferkette keinen Anlass hat von Fehlerhaftigkeit der Arzneimittel auszugehen (Packung abgabefähig bei securpharm, keine Beschädigung oder Manipulation des Erstöffnungsschutzes bzw. der Siegel, Bezug über Großhandel mit Erlaubnis nach §52a AMG).

  2. #2
    Kompetenz-Manager Avatar von Lars Frohn
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    Hallo Herr Weiß.

    Sehr interessanter (aber für Sie mühsamer) Fall!
    Es sind folgende Dinge relevant:

    1) Richtig, eine Abgabe eines RX-AM ohne Rezept ist eine Straftat nach AMG. Dabei ist es völlig unerheblich, warum ein Patient ein Rx-AM ohne Rezept haben möchte. Außerdem spielt es keine Rolle, ob Sie von einem Rx eine Packung oder eine Tablette / eine Spritze abgeben. Ausnahmen gibt es nur bei einer fernmündlichen Beauftragung durch den behandelnden Arzt (§4 AMVV).

    2) Bei einem erkennbaren Qualitätsmangel eines AM - dass die Apotheke bereits verlassen hat und von einem Patienten zurück gebracht wird - hat die Apotheke eine Rücknahmepflicht. D.h. aber, dass der Patient das AM in die Apotheke zurückbringen muss. Das können Sie tauschen und machen mit dem fehlerhaften AM eine Meldung an die AMK und die zuständige Behörde.

    3) Bei Qualitätsmängeln, die in der Apotheke festgestellt sind, müssen Sie unterscheiden zwischen:
    Qualitätsmängel, die durch die Lieferung des GH verursacht und Qualitätsmängel, die durch den pharmazeutischen Unternehmer verursacht sind.
    Im ersten Fall schicken Sie die Ware als Retoure zurück zum GH. Bei Qualitätsmängel, die durch die tägliche FAM Prüfung nach §12 ApBetrO entdeckt werden, machen Sie Meldung an die AMK und die zuständige Behörde (wie unter 2 beschrieben).

    4) Ihr Fall ist natürlich schwierig zu bewerten: ob die Spritze vielleicht doch fehlerhaft war, können Sie selber nicht beurteilen, sondern muss vom pU in einer Chargenprüfung geklärt werden. Dann hätten Sie eine Spritze abgeben müssen. Dabei hätten Sie sicher gewesen sein müssen, dass der Patient nicht schon die volle Dosis abbekommen hat.
    Wenn Sie sicher sind, dass ein Anwendungsfehler vorlag, dürfen Sie keine Spritze abgeben, der Patient muss sich an den Arzt wenden.

    Beste Grüße.
    Apotheker (u. Dozent der Ravati Seminare im Fach "Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker"),
    Ihr Moderator im gesamten Kompetenz-Forum und Experte in den Foren zum Thema Recht,
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