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Thema: Einzelimport auf Privatrezept

  1. #1
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    Einzelimport auf Privatrezept

    Hallo, darf eine Ärztin für sich selbst auf Privatrezept ein Präparat verordnen, das es in Deutschland gäbe, allerdings mit kleinerer Packungseinheit? Evtl. aus Kostengrpnden (weiß ich aber nicht, ob das der Grund ist).
    Und reicht als Begründung chronisch rez. Erkrankung auf dem Rezept?
    Darf ich mit der Begründung ein Arzneimittel aus Frankreich zB importieren? Habe ich eine Prüfpflicht?
    Vieken Dank!

  2. #2
    Kompetenz-Manager Avatar von Lars Frohn
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    Hallo Frau Schöpplein,

    wenn das Arzneimittel in Deutschland zugelassen ist, kann diese Packungsgröße nach §73 (1) von einer Apotheke nach Deutschland aus EU/EWR importiert werden. Sie müssen den Import nach § 73 (1) nicht bei sich begründen. Hier müssen Sie außerdem keine Dokumentation nach § 18 ApBetrO vornehmen! Übrigens: die Angabe einer Erkrankung auf einem Rezept ist (außer bei Hilfsmitteln) nicht zulässig (Datenschutz). Da Verordnerin auch die Patientin ist, ist darüber hinwegzusehen.

    Bei Arzneimitteln die nicht in D zugelassen sind, greift § 73 (3) AMG: hier darf die Apotheke (Prüfpflicht) nur AM aus EU/EWR oder einem Drittstaat beziehen, wenn hinsichtlich des Wirkstoffes identische und hinsichtlich Wirkstärke vergleichbare FAM in D nicht zur Verfügung stehen. Die Dokumentation nach § 18 ApBetrO ist erforderlich
    Werden Fertigarzneimittel nach § 73 Absatz 3..........sind folgende Angaben aufzuzeichnen
    Also ja, Sie dürfen; ohne Begründung, ohne Prüfpflicht, ohne Dokumentation! Das einzige was Sie - wie immer - prüfen müssen, ist die ordnungsgemäße Qualität nach § 12 ApBetrO.

    Beste Grüße.
    Apotheker (u. Dozent der Ravati Seminare im Fach "Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker"),
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  3. #3
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Hallo zusammen,

    ja, ja AM-Import ist bekanntermaßen kompliziert ! Allein der Unterschied nach § 73 Abs. 1und § 73 Abs. 3 macht Behörden, Apotheken, Lieferanten (GH), PU und Krankenkassen gleichermaßen "Kopfschmerzen" / "Kopfrauschen"
    Ein guter Artikel hierzu hat unser ebenfalls geschätzter Kollege Dr. Dennis Effertz hier verfasst (falls jemand tiefer in die Materie einsteigen möchte).

    Import nach § 73 Abs. 1 --> hier in D zugelassene AM
    Import nach § 73 Abs. 3 --> hier in D NICHT zugelassene AM

    Was im geschilderten Fall vorliegt (Kollege Lars Frohn vermutete "hier zugelassen", also Abs.1) muss zur Beurteilung des Vorgangs streng in der Apotheke geprüft werden (bevor klar wird ob es wirklich keine weiteren Prüfpflichten gibt).

    Wo ist der Unterschied und wie kann es sein, dass § 73 Abs. 1 und § 73 Abs. 3, Nr. 3 -siehe Formulierung- sich nicht ausschließen / widersprechen...?
    (Da steht: "...für sie hinsichtlich des Wirkstoffs identische und hinsichtlich der Wirkstärke vergleichbare Arzneimittel für das betreffende Anwendungsgebiet im Geltungsbereich des Gesetzes nicht zur Verfügung stehen"! - von Packungsgröße steht da übrigens nix)

    Zur Klarstellung ein Beispiel: ein "Simvastaino Pablopharm" mit spanischer Zulassung ist hier in D noch lange nicht zugelassen!!! (auch Reimporte haben daher durch den Importeur/PU eine eigene DEUTSCHE Zulassungsnummer beim BfArM beantragen müssen)

    Diese "automatisch auch hier zugelassen" Annahme gilt beim Import zunächst NUR für zentral zugelassene FAM. Ein Import selbiger nach Deutschland findet dann regelmäßig statt, wenn das AM am deutschen Markt nicht verfügbar ist, z.B. bei Lieferengpässen oder bei "opt-out" (z.B. weil der PU mit dem "deutschen Erstattungspreis" nicht einverstanden ist).

    Anders ausgedrückt: bei AM die keine EU-Zulassungsnummer tragen und aus dem Ausland kommen und die auch keine Reimporte (mit deutscher Zulassung!) sind, liegt regelhaft ein § 73 Abs. 3 Import vor.

    Das hat der geschätzte Kollege Frohn im Kern gut erklärt, aber beim Fazit müssen Sie sehr vorsichtig sein.

    Was liegt denn nun vor Frau Schöpplein?
    - EU-Zulassung (Abs. 1)? Dann stimmt das Fazit von Herrn Frohn :-)
    - keine EU-Zulassung / kein offizieller Reimport? Dann dürfen Sie es so wie geschildert nicht importieren! (andere Packungsgröße ist per se -insbesondere um Kosten zu sparen! eben gerade keine Ausnahme-Rechtfertigung für einen Verstoß gegen das Verbringungsverbot nach § 73)
    Geändert von Dr. Alexander Ravati (25.01.2021 um 09:20 Uhr)
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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  4. #4
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Dennis A. Effertz, MHBA, LL.M.
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    Guten Morgen zusammen,

    herrlich dieses Thema, nicht wahr?

    Aus der "Verwaltungsbrille", die für Sie im Falle der Revision und zwecks Vermeidung von Haftungsthematiken entscheidend ist, ist den Ausführungen nichts hinzuzufügen. Logik: Ausnahmetatbestände sind streng auszulegen.

    Will man nun "mit allen Mitteln" eine juristische Lösung für den Sachverhalt herbeiführen, könnte ein Rechtsgutachten helfen. Der "Angriffspunkt" wäre europa- und verfassungsrechtlich darüber gegeben, dass das AMG lediglich Beschränkungen des Warenverkehrs festlegen darf, um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Eben der wäre in dem von Ihnen beschriebenen Fall allerdings wohl eher weniger gefährdet (Eigenbedarf für "Ärztin als Sachkundige", AM ohnehin für diese verfügbar; möchte nur "sparen"). Stichwort: teleologische Reduktion der Vorschrift.

    Aber, ob der Aufwand lohnt wage ich zu bezweifeln. Das ist eher als kleiner Exkurs für die juristisch Interessierten zu verstehen.
    Apotheker und Medizinrechtler (u. Dozent der Ravati Seminare im Fach "Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker"), Ihr Moderator im gesamten Kompetenz-Forum und Experte in den Foren zum Thema Recht, Rechtlicher Hinweis: Die hier eingestellten Kommentare geben die persönliche Meinung des Beitragstellers wieder und haben keinerlei rechtsempfehlenden oder rechts-bindenden Charakter

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