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Thema: AMPreisV bzgl. "Second-Hand-AM"

  1. #1
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    AMPreisV bzgl. "Second-Hand-AM"

    Hallo,

    im Recht-Seminar wurde gesagt, dass bei erneuter Abgabe von "Second-Hand-AM" (AM, die der Apotheke zurückgegeben wurden) ein Apothekenabgabepreis von 6,90€ definiert ist (nach AMPreisV Paragraph 3). Dazu habe ich 2 Fragen:

    1. In der AMPreisV steht lediglich: "Für die erneute Abgabe der an eine Apotheke zurückgegebenen verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel [...] beträgt der Festzuschlag 5,80 Euro." Unter dem Festzuschlag verstehe ich nicht einen Fest-Verkaufspreis, sondern eben ein Zuschlag. Wenn ein AM also 50 Euro kostet, dann dürfte die Apotheke doch 55,80 Euro + 19% MwSt. berechnen.

    2. Auch wenn ich jetzt annehme, dass das AM nur noch 6,90 Euro kostet: Ich könnte doch trotzdem das Rezept mit dem "vollen Preis" (also nach dem Beispiel 50 Euro + 3% + 8,56 Euro + MwSt.) bedrucken und würde von der Krankenkasse das Geld bekommen oder? Wie will die Krankenkasse kontrollieren, ob das AM ein Second-Hand-AM ist oder nicht?

    Vielen Dank im Voraus!

  2. #2
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Hallo,

    da haben Sie verbal recht! Das hätte man besser formulieren können! Z.B. durch "Festpreis"
    Mit dem "Fest-"Zuschlag" könnte man aber theoretisch "Second-hand"-Ware auch -verbilligt- ankaufen und dann tatsächlich mit einem "Zuschlag" belegen.
    Aber das ist ohnehin alles sehr theoretisch weil ANDERE Rechtsnormen (die wir im Seminar besprochen haben) der Wiederabgabe dieser AM in der Regel(!) entgegenstehen. Ausnahmen sind denkbar (z.B. BtM aus dem Heim, die unter Verantwortung des Arztes gelagert wurden oder AM, die kurz nach Abgabe wieder zurück gebracht werden), aber eben nicht der Standard-Fall. Daher kann ich hier nur noch einmal empfehlen, diese AM i.d.R. zu vernichten!
    (und ja, der KK würde es nicht auffallen und ich habe auch schon berichtet bekommen, dass es Apotheken gebe, die so etwas schon gemacht haben, aber das halte ich für Betrug.)
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

    Apotheker, Ihr Experte im Forum Spezielle Rechtsgebiete und Pharmazie
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  3. #3
    Hallo,

    dass es Apotheken gibt, die gegen Rechtsvorschriften verstoßen, ist anzunehmen. Der Rücknahme von zuvor abgegebenen AM (denkbare Ausnahme, dass der Patient vor der Türe merkt, das man ihm etwas falsches gegeben hat) ist gesetzlich nicht gedeckt.
    § 17 Abs. 1 ApBetrO steht dem entgegen. "Arzneimittel dürfen nur von zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Betrieben erworben werden."
    Wenige Ausnahmen sind im Abs. 6 c zu finden.
    Mir ist keine Rechtsvorschrift bekannt, die die ausdrückliche Rücknahme von zuvor abgegebenen AM vorsieht - bis auf die von Dr. Ravati angeführte Möglichkeit gem. BtMVV.
    Im Übrigen: Wie wollte man denn in solchen Fällen die Sicherheit solcher AM garantieren.

    Rheinländische Grüße

    H.-U. Thielmann

  4. #4
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Dennis A. Effertz, MHBA, LL.M.
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    Hallo zusammen,

    ein leidiges Thema, bei welchem sich mir jedes mal eine neue Perspektive öffnet. Denn so einfach ist es auch nicht die Möglichkeit zu verneinen:

    § 17 Abs. 1 ApBetrO kann einer Rücknahme nicht im Wege stehen, da es sich zweifelsfrei eben nicht um einen "Erwerb" handelt. Das Regelungsziel ist zudem hier die Einhaltung der Lieferkette. Umgekehrt findet sich keine explizite Norm, die die Rücknahme verbietet. In systematischer Hinsicht spricht das Vorliegen einer Preisvorschrift für die Wiederabgabe zudem dafür, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit der Rücknahme ausgeht. Anderenfalls wäre die Norm widersinnig. Und: alles was nicht verboten ist, ist ja zunächst einmal erlaubt. Da Verbote konkret sein müssen, ist ebenfalls von einer "Überspannung" des § 17 Abs. 1 ApBetrO auszugehen, will man dies als solches sehen.

    Damit bleibt allenfalls die fragliche Qualität des Arzneimittels, da es gemäß § 8 AMG verboten ist "[...]Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die (1.) durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind [...].
    Sodann erkennt man, dass es arzneimittelrechtlich nicht auf eine potenzielle oder "vertretbare" Qualitätsminderung ankommt, sondern es nur strafbar wäre ein Arzneimittel mit nachgewiesener oder überwiegend wahrscheinlich vorhandener "nicht unerheblicher" Qualitätsminderung in Verkehr zu bringen.

    Damit spricht auf der gesetzgeberischen Ebene erst einmal nichts ersichtlich gegen eine Wiederabgabe per se - zumindest sehe ich nichts.

    Und nun passiert das, was der gute Jurist immer sagt: es kommt auf den Einzelfall an und ist ohnehin nur im Schadensfall wirklich relevant:

    1. Extremfall: "Kehrtwende vor der Apothekentür" --> kein Hindernis und kein Haftungsproblem, welches die Gegenseite überzeugend durchbringen könnte. Die "Herstellerhaftung" gemäß § 84 AMG kann weiterhin durchgreifen.
    2. Extrembeispiel: "Retoure nach 2 Wochen im Hochsommer" --> Jetzt bekommen wir ein Problem. Der pU dürfte sich auf § 84 Abs. 3 AMG berufen wollen - jedenfalls würde ich ihm das raten :-). Im Prozess dürfte sich nun die Beweislast für den Apotheker umkehren, da die Wiederabgabe - wie den Vorrednern unzweifelhaft zu entnehmen ist - nicht dem "pharmazeutischen Standard" entspricht. Und jetzt geht der Prozess mit hoher Wahrscheinlichkeit verloren, da das Szenario durchaus als "grobe Sorgfaltspflichtsverletzung" angesehen werden dürfte, wenn die äußeren Umstände betrachtet werden und der Apotheker lediglich ausführen kann, dass er sich auf den Kundeninformationen verlassen hat.

    Aber nochmals:
    M. E. liegt das Risiko hier im Zivilrecht und nicht im Verwaltungsrecht - Probleme aufgrund abweichender Aufsichtspraxis als Form der "gelebten Rechtsmeinung" außen vorgelassen.

    P.S.: Abrechnungsfiktion eines "neuen" Arzneimittels bei der KK ist definitiv Betrug!
    Apotheker und Medizinrechtler (u. Dozent der Ravati Seminare im Fach "Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker"), Ihr Moderator im gesamten Kompetenz-Forum und Experte in den Foren zum Thema Recht, Rechtlicher Hinweis: Die hier eingestellten Kommentare geben die persönliche Meinung des Beitragstellers wieder und haben keinerlei rechtsempfehlenden oder rechts-bindenden Charakter

  5. #5
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Dennis A. Effertz, MHBA, LL.M.
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    Mein Rechtsverständnis trügt nicht:

    Obgleich ohne den Haftungsaspekt, dafür aber mit Beispielen und ausführlicher ein Kurzaufsatz von der angesehen Apothekenrechtlerin Dr. Wesser: https://www.iww.de/ah/recht/arzneimi...n-f104371?save
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  6. #6
    Premium-User
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    Hallo,
    diese Frage hat mich auch beschäftigt. Das im Seminar vermittelte Rechtsverständnis spricht ja auch dafür, dass es einen legalen Fall der Rückgabe und Wiederabgabe geben muss, denn sonst hätte § 3 Abs. 6 AMPreisV ja kein Regelungsziel.
    Warum ist die Rückgabe von AM durch Privatpersonen kein Erwerb? Ist hier vor allem die Unterscheidung ob die Besitz- und Eigentumsübertragung gegen Geld für den Tatbestand des Erwerbs maßgeblich? Die einfach unentgeltliche Rückgabe müsste ja eine Schenkung sein, oder?

  7. #7
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Hallo Herr Weiß,

    das kann Herr Effertz sicher genauer beantwrten, aber ich würde es als "Rückabwicklung eines Kaufvertrags" im zivilrechtlichen Sinne oder Rückabwicklung der "Abgabe" im verwaltungsrechtlichen (AM-rechtlichen) Sinne bezeichnen.
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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