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Thema: Kaffee in der Apotheke

  1. #1
    Kompetenz-Manager Avatar von Lars Frohn
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    Kaffee in der Apotheke

    Lieber Herr Thielmann,

    hier würde mich die Einschätzung der Überwachungsbehörde interessieren: in Köln gibt es eine Apotheke, die Kaffee rösten lässt und in der Apotheke verkauft. Auf der Homepage wird damit geworben, dass Kaffee viele wichtige Vitamine und Mineralien enthält.
    Passt Kaffee also in die Begriffsbestimmung der ApBetrO §1a (10) Apothekenübliche Waren? Ist Kaffee also ein Mittel, was der Gesundheit von Menschen unmittelbar dient?
    Wenn dem so ist, können wir demnächst auch dunkle Schokolade (Theobromin hat ähnliche Wirkungen wie Coffein) und Rotwein (enthält Resveratrol) in der Apotheke verkaufen.
    Wie sehen Sie das?

    Vielen Dank & beste Grüße,

    Lars Frohn
    Geändert von Lars Frohn (24.04.2020 um 07:29 Uhr)
    Apotheker (u. Dozent der Ravati Seminare im Fach "Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker"),
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  2. #2
    Lieber Herr Kollege Frohn,

    Ihre Frage habe ich gerade erst gesehen. Daher bedauere ich es sehr, Ihnen erst jetzt eine Antwort auf Ihre Frage zu schicken. Aber durch CORONA ist eben überall etwas liegengeblieben.

    Kaffee ist ein Genussmittel und damit ein Lebensmittel (LM) - weiß man eigentlich und findet man im www.
    Mittels Suchmaschine findet man nichts über eine Apotheke, in der Kaffee geröstet wird.

    Die Herstellung von LM bedarf einer (separaten) Anmeldung eines Gewerbes. Die Gewerbemeldung für eine Apotheke bezieht sich auf den Verkauf sowie die Herstellung von Arzneimitteln und den Verkauf apothekenüblicher Ware.
    Die Herstellung von Kosmetika würde in unserer Behörde in gleicher Weise gesehen.

    Die Folge wäre dann, dass beide (fremden) Gewerbe nicht in der Apotheke ausgeübt werden dürften (siehe § 4 Abs. 1 Nr. 1a ApBetrO). Als weitere Folge unterliegt dieses Gewerbe nicht der Apothekenüberwachung, sondern der Lebensmittelüberwachung der jeweiligen Behörde.

    Auch würden wir einem Apotheker die Ausübung eines fremden Gewerbes in der Apotheke untersagen. Mehr kann man aber auch zunächst nicht machen.
    Die Entscheidung über den Ausgang einer sich an anschließenden Klage des Apothekers kann aber auch Jahre dauern. Dies, zumal dann, wenn höhere Instanzen angerufen werden.
    Denn, solange keine Gefährdung Dritter zu befürchten ist, kann man so etwas nicht mit Sofortvollzug regeln.

    Kann also sein, dass der das noch längere Zeit so treibt.

    Die Sache könnte allerdings ganz anders ausgehen, wenn sich die Wettbewerbszentrale des Falles annähme. Wenn von dort aus ein Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften festgestellt würde, könnte der Spuk womöglich binnen kürzerer Zeit vorbei sein.
    Dafür ist aber nicht die Apothekenüberwachungsbehörde zuständig.

    Auch wäre interessant, wie die Kammer das Problem berufsrechtlich sieht.

    Mehr fällt mir jetzt dazu momentan nicht ein.

    Bei Fragen bitte melden und ansonsten bitte gesund bleiben.

    Grüße vom (noch) Amtsapotheker

  3. #3
    Bedauerlicher Weise hatte ich zunächst übersehen, dass die Apotheke den Kaffee fertig bezieht und nicht röstet, was aber an meiner ersten verwaltungsmäßigen Einschätzung eigentlich nichts ändert.

    1. Die Frage, ob Kaffee apothekenüblich ist, ist mir in meiner langjährigen Dienstzeit noch nicht untergekommen.
    2. Zunächst müsste eine Behörde das Inverkehrbringen bzw. die Abgabe in einer Apotheke mittels Ordnungsverfügung untersagen.
    Wobei die Begründung schwer fällt. Man kennt gemeinhin viele Menschen, für die ein Leben ohne Kaffee nicht denkbar ist. Es gibt ja auch Menschen mit
    niedrigem Blutdruck, die ansonsten Arzneimittel einwerfen würden, evtl. sogar Coffein-Tabletten als zugelassenes Arzneimittel.
    3. Klar kommt es einem merkwürdig vor, wenn in einer Apotheke Kaffee angeboten wird. Da eine Untersagung gegenüber einem Apotheker höchst
    wahrscheinlich eine Klage seinerseits nach sich ziehen würde und die Behörde dann zudem auch noch die Verfahrenskosten zu übernehmen hätte,
    würde meine Behörde ein solch heißes Eisen wohl eher nicht anpacken. Zudem würde das Verfahren nicht vorrangig bei den Verwaltungsgerichten
    bearbeitet, was bedeutet, dass es Jahre dauern würde.
    4. Im Gegensatz zur alten ApBetrO bis Juni 2012, ist das Inverkehrbringen nicht apothekenüblicher Waren, heute nicht mehr sanktioniert. Früher war es
    ein Bußgeldtatbestand. Vielleicht hat der Gesetzgeber die Angelegenheit als weniger wichtig angesehen.

    So blöd, wie es klingen mag, man hätte kaum eine rechtliche Handhabe, gegen solch einen "pharmazeutischen Exzess" vorzugehen.

    Dem entgegen gibt es immer noch Apotheken, in denen das Personal kaum oder nicht in der Lage ist, ein Arzneimittel ordnungsgemäß herzustellen - noch nicht mal eine halbfeste Zubereitung. Da muss man als Vertreter einer Überwachungsbehörde dann doch eher ein Augenmerk drauf richten.
    Da kann man immer wieder kurioses feststellen. … wenn Rezeptare noch nicht einmal abwiegen(!) können, muss kann man sich nicht in erster Linie um Kaffee kümmern.
    Aber genau dafür gibt´s ja die Webinare und andere Fortbildungsveranstaltungen.

    Beste Grüße aus dem Rheinland

    H.-U. Thielmann

  4. #4
    Kompetenz-Manager Avatar von Lars Frohn
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    Lieber Herr Thielmann,

    vielen Dank für die ausführliche und interessante Antwort!

    Alles Gute & bleiben Sie gesund.
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