Nasenspray bei Hämorrhoiden

[Beate Ulrichs]

Heute in der Apotheke:
Ein Mann will für seine schwangere Frau (die kurz vor der Geburt steht) ein abschwellendes Nasenpray kaufen. Nein, sie habe keinen Schnupfen, sondern Hämorrhoiden und er habe im Internet gelesen, dass man das so machen könnte.

Meine Kollegin hat davon abgeraten, z.B. auch weil die Blutzufuhr zum Kind evtl durch die Vasokonstriktion gefährdet würde und wollte ihm das Spray auch nicht verkaufen. Er meinte klassisch: "Wenn Sie mir das jetzt nicht verkaufen, dann hole ich es mir halt in einer anderen Apotheke!"

Wir haben ihn dann mit mehreren Kolleginnen beraten und auf ihn eingeredet. Der beratungsresistente Kunde wollte partout nichts kaufen, das auch bei Hämorrhoiden zugelassen ist!

Wir haben ihm u.a. erklärt, dass wir das mit dem Spray auch für unlogisch halten, da ein Urologe bei uns z.B. oft eine Rezeptur mit Calciumantagonisten zur lokalen Anwendung verordnet. Die Wirkung geht hierbei ja also in Richtung Relaxation.

Bitte klären Sie unsere Verwirrung auf. Kann man bei Hämmorhoiden tatsächlich ein abschwellendes Nasenspray einsetzen (was natürlich off-label-use wäre)??

Besten Dank
Beate Ulrichs
Apothekerin

[Dr. Juliane Kresser]

Hallo,
im Internet findet man viele dieser Tipps zur Verwendung von abschwellenden Nasenspray (Xylometazolin etc.) bei Hämorrhoiden gerade für Schwangere. Einfach lokal auf die Hämorrhoide draufsprühen und gut ist´s. Wer es ausprobieren möchte, soll es doch einfach so machen.
Sie haben ja alle hocheffektiven und für Mutter und Kind unbedenklichen Alternativen wie Sitzbäder etc. angeboten.
Also, learning by doing. HG Juliane Kresser

[Dr. Alexander Ravati]

Hallo liebe Kolleginnen,

...sorry dass ich mich hier einmische, aber ich halte das Thema für lustig, weil ich noch nie etwas davon gehört habe..! Stammt wahrscheinlich mal wieder aus dem berühmeten "Hebammen-Geheimtippschrank", der immer wieder allerlei Kuriositäten hergibt.. :-)

Die Bedenken von Frau Ulrich kann ich verstehn - ist aus Gründen der allgemeinen AM-Sicherheit auch prinzipiell richtig gewesen... :-)

Wenn mann in "Mutti-Foren" reinschaut, sieht man (fast...) nur begeisterte Anwender...
Ein Beispiel...?
Aus einem Forum-Dialog auf den ich mich eben schlappgelacht habe....
http://www.frag-mutti.de/tipp/p/show...asenspray.html
"..Da K... doch einer die Wand an. Nach erfolgloser Behandlung mit Doloposterine(zahlt die Kasse , hilft Null) und Eulatin Salben( zahlt man selbst , hilft kaum) habe ich das Nasenspray ausprobiert. Ich war sehr skeptisch , hatte mich auch höllisches brennen eingestellt.
Auf einen Wattebausch gesprüht, auf die betroffene Stelle getupft. Brennt nicht, nach 3 Std war die vorlaute Ausstülpung weg. ( Ich denke bei Offenen sollte man das nicht anwenden) Noch dreimal nach getupft
und weg ist das Problem.
DANKE FÜR DIESEN SUPER TIPP!!!!!!!"

Fachlich kann man das wahrscheinlich (ist nur eine Eigenhypothese aus meinem pharmakologischen Grundverständnis..) folgendermassen erklären:

1. Hämhorriden werden in der Apotheke gerne mit Analfissuren VERWECHSELT ... - das ist nicht dasselbe.... - liebe Kollegen der Pathophysiologie ;-).....
http://de.wikipedia.org/wiki/Analfissur

Bei Analfissuren (nicht bei Hämhorriden) setzt man ein:
1. Ca-Antagonisten wie Dilziazem und Nifedipin bzw. GTN (z.B. Rectogesic, ist NICHT bei Hämhorriden zugelassen...) werden in recht hoher Lokalkonz. angewendet. Ziel der RELAXATION ist dabei NICHT hauptsächlich die glatte Gefäßmuskulatur (das passiert zwar auch, ist aber Nebensache) ....
Sondern folgender glatter Muskel: Innerer Analsphincter! Wenn der sich entspannt, wird der Schmerz deutlich reduziert und die Anheilung beschleunigt...!
2. NAsenspray: Xylometazolin und Co sind Alpha-Vasokonstriktoren, denn in den geringen Konz., in denen sie auf nach außen PROLABIERTE Hämorroiden aufgetragen werden, keinen wesentlichen Einfluss auf den M.Sphincter a. internus haben dürften, sondern die GEFÄSSE, die den Hämorrhiden-Prolaps STARK durchbluten verengen. Dies führt zu einem Abschwellen und die Hämhorriden ziehen sich (nach innen) zurück...

So WHAT... ?

Wie Frau Kresser schon sagte: Try and error....! ;-)

-...wird keiner dran sterben...

Beste Grüße

Dr. Alexander Ravati

[florian jacobi]

Verdammt, warum muss ich immer gleich Links (wiki) klicken, die ich irgendwo sehe.
Hat auch zu erheblicherr Belustigung meiner Kollegen geführt "was schauen SIE sich denn da an???".

Ansonsten interessanter Beitrag, gut zu wissen!

[maxworking]

Wie sieht es dann mit dem Geheimtipp "HeparinSalbe" aus?! Damit gehen laut Kunden sowohl das sich teils gebildete Ekzem ratz fatz weg als auch so manch tastbarer Knubbel ... .
Wenn das so klappt, in welcher Konzentration wäre es dann da verwendbar?

[Dr. Alexander Ravati]

Hallo,

dazu weiß ich ehrlich gesagt nichts Valides, allerdings könnte es an der abschwellenden, antiphlogistischen Wirkung von Heparin liegen (zumindest nbekommen wir bei Hämhorrhidal-Prolaps sicher mehr Wirkstoff ins Ziel-Kompartiment, als bei der Anwendung auf der äußeren Haut). Ich würde tippen, dass 60.000 I.E. hier passen würden und bin auf Details von Fr. Dr. Kresser gespannt....

VG

Alexander Ravati

[Dr. Juliane Kresser]

....hi, stecke noch in der Nachmesseverarbeitungsphase der Expopharm in Düsseldorf....war klasse.
Na, jetzt haben wir den Bogen über Nasenspray weiter gespannt zu Heparin Salbe. Heparinsalbe hilft und beschleunigt nur bei den Hämorrhoiden, die auch von allein nach einigen Tagen weg gegangen wären, also bei kleineren Knubbeln. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass man erst mal mit der 30.000 I.E. anfängt. Bitte dünn auftragen, um zu sehen, ob man allergisch auf die Salbe reagiert, es brennt oder die Reizung sogar zunimmt. Wenn die Erstreaktion ok ist, können Ungeduldige auch mit einer 60.000 I.E. dran. Aber auch wieder nur dünn!!! Die maximale Anwendungsdauer liegt bei 10 Tagen. Kleinere Verhärtungen sollten dann allerspätestens weg sein und größere bekommt man dann eh nur noch mit ärztlicher Hilfe in den Griff. Zum Arzt auch immer gleich, wenn sich etwas entzündet hat oder zu sehr schmerzt.
Begleitend natürlich all die bekannten Tipps wie viel Trinken, keine Süßigkeiten, viel Ballaststoffe, Bewegung etc..

Herzliche Grüße Juliane Kresser