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Thema: Kräuter / Kräutermischungen als Arzneimittel?

  1. #1
    Premium-User Avatar von Steffen Loke
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    Kräuter / Kräutermischungen als Arzneimittel?

    Liebes Ravati-Team,

    heute möchte ich Ihnen eine rechtliche Frage zum Thema Kräuter und Kräutermischungen (Teedrogen) stellen.

    Mich beschäftigt die rechtliche Abgrenzung zwischen Kräutern als Arzneimittel gemäß AMG versus Kräutern als Nicht-Arzneimittel gem. AMG sowie deren Verkäuflichkeit.

    In der Apotheke sind einem die Einzelkräuter (z.B. Thymian) und Kräutermischungen (z.B. Husten- und Bronchialtee) ja zumeist als freiverkäufliche und zumeist auch nicht-apothekenpflichtige Arzneimittel (FAM) bekannt, oder auch als individuelle Teerezeptur oder Standardzulassung.

    Außerhalb der Apotheke (auch online) finden sich jedoch zig Verkaufsstellen - welche keine Apotheke sind - die sowohl Einzelkräuter als auch Mischungen verkaufen. Das sowohl im Human- (diverse Ernährungs- und Heilpraktiker-Shops und genau genommen ja auch jeder Tee-Laden) als auch im Veterinärbereich (dort vor allem Tierheilpraktiker und Futtermittelshops). Diese Quellen haben sicher auch keine Herstellungserlaubnis für Arzneimittel gem. AMG. In vielen Shops wird auch die Qualität der Ware mit Arzneibuchqualität beworben und es werden auch namenhafte Apotheken-Lieferanten wie z.B. Bombastus, Caelo und Fagron als Lieferanten der jeweiligen Shops aufgeführt. Man kann dort Einzelkräuter oder fertige Mischungen erwerben oder gar selber seine Mischung zusammenstellen im "Kräutermischer".

    Anhand der Fülle an Angeboten scheint das ja auf legalem Wege möglich zu sein - sonst würde es ja auch nicht einmal den "normalen Tee-Laden" geben.

    Meine Interpretation dazu wäre wie folgt: Es kommt auf die Deklaration an.
    Um ein Arzneimittel zu sein, muss der Kräutermischung (bzw. den Einzelkräutern) ja eine Wirkung zugesprochen bzw. deklariert werden. Beispiel: "Husten- und Bronchialtee: wirkt schleimlösend und entkrampfend auf die Bronchien bei Entzündungen der oberen Atemwege"

    In den meisten Shops wird eine solche Wirkung jedoch gar nicht deklariert.
    Dort heißt es dann z.B. "Tee zur Unterstützung bei akuten und chronischen Atemwegsbeschwerden" oder im Vet-Bereich: "Ergänzungskräuter (oder Ergänzungsfuttermittel) zur Unterstützung bei akuten und chronischen Atemwegsbeschwerden"

    Mit anderen Worten: solange keine "Wirkung" deklariert wird, sind alle Kräuter dann auch kein Arzneimittel nach AMG. Ergo kann jeder gewerbliche Verkäufer Kräuter in Arzneibuchqualität einkaufen, Mischen (oder auch den Kunden selbst im "Kräutermischer" mischen lassen) und verkaufen, ohne eine Herstellungserlaubnis nach AMG zu besitzen oder eine Apotheke zu sein, da es sich dann ja auch gar nicht um ein Arzneimittel handelt. Ist das so richtig?

    Weiterhin noch eine Frage zu den "Ergänzungsfuttermitteln" im Vet-Bereich. Soweit ich weiß, ist das für Lebensmittel liefernde Tiere alles in diversen EU-Richtlinien geregelt. In welcher EU-Richtlinie findet man, welche Kräuter verfüttert werden dürfen, v.a. für Pferde (Frage aus Interesse einer befreundeten Reiterin ). Wobei dabei noch abzugrenzen ist, ob das Pferd lebensmittelliefernd ist oder gemäß Equidenpass nicht. Ich gehe davon aus, dass bei "Nicht-Lebensmittel-liefernden Tieren" völlig egal ist, was gefüttert wird?

    Vielen Dank bereits im Voraus für Ihre wie immer tatkräftige Unterstützung!

  2. #2
    Moderator und Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Oliver Scholle
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    444
    Lieber Herr Loke,

    entschuldigen Sie bitte vielmals die späte Antwort...

    Mit anderen Worten: solange keine "Wirkung" deklariert wird, sind alle Kräuter dann auch kein Arzneimittel nach AMG. Ergo kann jeder gewerbliche Verkäufer Kräuter in Arzneibuchqualität einkaufen, Mischen (oder auch den Kunden selbst im "Kräutermischer" mischen lassen) und verkaufen, ohne eine Herstellungserlaubnis nach AMG zu besitzen oder eine Apotheke zu sein, da es sich dann ja auch gar nicht um ein Arzneimittel handelt. Ist das so richtig?
    Sie haben das korrekt geschlussfolgert. Wenn eine Wirkung auch nur suggeriert wird ("Hustentee", "Beruhigungstee" etc.) unterliegt es laut Arzneimittelgesetz (als Präsenzarzneimittel) den Bestimmungen eines Arzneimittels. Bei Tee ist nun die Besonderheit des Einzelhandels mit freiverkäuflichen Arzneimittel (§ 50 AMG). Das heißt, bestimmte Arzneimittel dürfen auch außerhalb der Apotheken verkauft werden (siehe auch Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel – AMVerkRV).

    Ansonsten ist Tee ein Lebensmittel und unterliegt den – übrigens auch recht strengen –*Bestimmungen des Lebensmittelrechts. Dann ist es aber natürlich nicht apothekenpflichtig.

    Im Vet-Bereichs kenne ich mich nicht gut aus...
    Ich gehe davon aus, dass bei "Nicht-Lebensmittel-liefernden Tieren" völlig egal ist, was gefüttert wird?
    Das klingt für mich plausibel und deckt sich mit dem, was ich auch vermutet habe.

    Beste Grüße,
    Oliver Scholle
    Ihr Moderator und Experte im Forum Pharmazeutische Praxis
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  3. #3
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    1.327
    Hallo zusammen,

    Herr Loke, hat im Grunde alles richtig interpretiert :-) und Herr Scholle hat gut geantwortet ...

    In Ergänzung hier noch Hinweise, welche Stoffe in Produkten für LM-Tiere enthalten sein dürfen...

    Es dürfen nur Stoffe angewendet werden, die in Tabelle 1 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 aufgeführt sind und sogenannte „out of scope“ Substanzen*, die nicht unter die Regulationen der EG Richtlinie fallen. Außerdem gibt es für Equiden eine weitere Liste erlaubter Stoffe, die in der Verordnung (EG) Nr. 1950/2006 (zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 122/2013) aufgeführt ist.
    * EMA/CVMP/519714/2009–Rev.30, Stand Juni 2015
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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