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Thema: Widersprüche

  1. #1
    Premium-User
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    Frage Widersprüche

    Sehr geehrter Herr Prof. Pfaffendorf,

    2 Fragen zur Pharmakologie- vielen Dank!

    1. Was ist eigentlich genau das koronare Steal-Phänomen bei Koronardilatoren wie Dipyridamol? Habs immer noch nicht ganz verstanden..?
    2. Warum wirken Dihydropyridine (wie Nifedipin) stärker an der glatten Mauskulatur als Verapamil, obwohl sie den gelichen Ca-Kanal angreifen. Steht in keinem Lerhbuch vernünftig erklärt.

    ICh freue mich auf eine ausführliche, fachkompetente Antwort. Herzlichen Dank

    Mit freundlichen Grüßen

    S. Rother

  2. #2
    Dozent Ravati Seminare Avatar von Prof. Dr. Martin Pfaffendorf
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    Das koronare Steal-Phänomen tritt auf, wenn ein gefäßerweiternder Stoff auf sklerotisierte und nicht-sklerotisierte Gefäßabschnitte trifft. Anders als der gesunde Gefäßabschnitt kann das sklerotisierte Stück nicht mit einer Erweiterung auf den Arzneistoff reagieren. Bei unverändertem hydrostatischem Druck bedeutet dies, dass mehr Blut durch die gesunden und entsprechend weniger durch die sklerotisierten Gefäßabschnitte fließt. Das durch gesunden Koronarien versorgte Herzgewebe stiehlt sozusagen dem durch sklerotisierte Koronarien versorgtem Gewebe das Blut. Da man aber in der Regel eine Verbesserung der Durchblutung eben dieser Gebiete erreichen will, ist die Gabe eines direkten Koronardilator wegen der Gefahr eines Steal-Phenomäns kontraproduktiv. Hier ist eher eine Entlastung des Herzens durch einen Vorlastsenker (Nitrate) und/oder eine medikamentöse Frequenzsenkung (ß-Blocker, Ivabradin) angezeigt.

    Calcium-Kanal-Blocker greifen an der alpha-1c Untereinheit des Kanalproteins an, allerdings an unterschiedlichen Bindungsstellen. Diese Bindungsstellen weisen gewebespezifische Unterschiede auf, sodass der Unterschied zwischen 1,4-Dihydropyridinen (Nifedipin) und Phenylalkylaminen (Verapamil) weniger in einer unterschiedlichen Empfindlichkeit bezüglich der Beeinflussung glatter Muskulatur sondern in einer unterschiedlichen Empfindlichkeit bezüglich der Beeinflussung von Kardiomyozyten liegt. Hier wirken die Phenylalkylamine stärker, sodass eine Wirkung auf die glatte Muskulatur immer auch mit einer Wirkung auf die Kraftentwicklung und Frequenz am Herzen einhergeht. Desshalb bezeichnet man die 1,4-Dihydropyridine, welche diesen kardialen Effekt eben nicht haben, als gefäßselektive Calcium-Kanal-Blocker.

  3. #3
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Weritere gern gefragte Zusatzerklärungen in Prüfungen

    Hallo an beide,

    zwei Dinge könnte man bei dieser sehr interessanten Diskussion noch ergänzen:

    zu 1. Steal-Phänomen
    Dieses tritt (so wie Herr Prof. Pfaffendorf schön erklärt hat) in klinisch relevantem Ausmass NUR auf, wenn es sich um eine Substanz handelt, die überwiegend auf die (kleinen) Koronar-Arteriolen einwirkt, kaum jedoch auf die größeren Herzkranzarterien oder auf die (bei Sauerstoffunterversorgung oft gelildeten) Kollateralen (Bypass-Blutgefäße). Daher ist dieses Phänomen z.B. bei NO-Donatoren praktisch NICHT zu sehen. Denn diese wirken umso besser je dicker die Muskularis der Gefäße.

    zu 2. Unterschied DHP-Typ- Verapamil-Typ
    Hier gibt es noch eine zweite, oft benutzte und in Prüfungen gerne abgefragte Hypothese: 2. Hypothese:
    DHP binden stärker an den INAKTIVIERTEN Zustand (direkt nach der Depolarisation) des Ca-Kanals als Verapamil-Typ! Man hat herausgefunden, daß in Muskel-Zellen, die ein niedrigeres (weniger negatives!) Ruhepotential haben (glatt: -70mV / quer: -90mV) sich MEHR Kanäle im INAKTIVERITEN Zustand befinden. Das beünstigst die Wirkung der DHP an glatten Muskeln!

    Mit herzlichen kollegialen Grüßen

    Dr. Alexander Ravati
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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