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Thema: MCP + Domperidon parallel in Dauertherapie (Geriatrie)?

  1. #1
    Wiebke Bode
    Gast

    MCP + Domperidon parallel in Dauertherapie (Geriatrie)?

    Guten Morgen,

    ich hab gestern einen Fall mitbekommen, da bekommt ein Altenheimpatient sowohl Domperidon als auch MCP schon seit mehreren Monaten verschrieben.
    Der Patient erhält von beidem ca. 30mg täglich. Mir erscheint das recht viel, da ja beide über den D2-Rezeptor wirken und eigentlich zur Kurzzeittherapie gedacht sind. Ist das möglich, wenn der Arzt es auch auf Nachfrage wünscht, oder müsste ich da als Apotheker intervenieren??
    Ich hab im Internet bisher nichts dazu gefunden, ob man vielleicht aufgrund der Halbwertszeiten (MCP 4-5h, Domp 7-9h) in speziellen Fällen tatsächlich beides parallel geben kann.
    In der Fachinfo stand jetzt auch nicht explizit, dass es NICHT zusammen geht.
    Wär super, wenn mir jemand da weiterhelfen könnte!

  2. #2
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    Guten Tag,

    diese Verordnung fällt tatsächlich auf. Wichtig wäre noch zu wissen, was an Begleitmedikation noch gegeben wird und ggf. welche Grunderkrankungen bekannt sind. Es ist leider oftmals so, dass in Altenheimen am Wochenende der ärztliche Bereitschaftsdienst hinzugezogen wird und die Abstimmung zwischen Hausarzt und Notarzt nicht funktioniert. Manchmal wird sogar nur telefonisch eine Anordnung vorgenommen... und dann weiß der eine nichts vom anderen.
    Ich würde auf alle Fälle den behandelnden Hausarzt über diese Doppelmedikation informieren, vor allem vor dem Hintergrund, wie Sie schon richtig bemerken, dass nur noch eine kurzfristige Therapie durch die Zulassung gedeckt ist. Sinnvoll ist die Doppelverordnung m. E. nach nicht. Domperidon wirkt überwiegend peripher und sollte deshalb für mein Empfinden bevorzugt werden, gerade bei älteren Patienten.
    Die Ursache der Übelkeit, die hier behandelt wird, sollte vielleicht auch mal herausgefunden werden: Nebenwirkung anderer Arzneimittel? PPI und dadurch verminderter Appetit, weil schlechtere Verdauung? Das ist bei Heimbewohnern ein häufiges Problem. Oder steckt ein Diabetes dahinter?

    Fazit: viele Ursachen möglich, bitte unbedingt den Arzt hinzuziehen, aufmerksam machen und Entscheidung abwarten. Wenn er beides verordnen möchte, muss er es - für sich - gut begründen, meine ich...

    Grüße
    Claudia Wegener
    Claudia Wegener, Apothekerin, Ihre Expertin in den Recht-Foren von pharma4u.
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  3. #3
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    Liebe Frau Wegener,

    könnten Sie ihre Antwort hinsichtlich der Einnahme des PPI (verschlechterte Verdauung und dadurch Appetitverlust?)
    und des Diabetes (?) näher erläutern?

    MCP wäre demnach zur Motilitätssteigerung indiziert, wenn ich es richtig verstehe, nur wie spielt da der Diabetes eine Rolle?

    Vielen Dank für ihre Bemühungen!

  4. #4
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    Liebe Arnika,

    das will ich gern versuchen: PPI heben - therapeutisch gewollt - den pH-Bereich ziemlich deutlich an. Das führt u. a. dazu, dass zur Verdauung weniger Säure zur Verfügung steht. Bemerkbar macht sich das v. a. in der Eiweiß- und Fettverdauung. Folge: die Speisen liegen "schwer im Magen", manche Menschen verspüren auch Übelkeit. Das führt dann - gerade im höheren Alter, wenn auch das Geschmacksempfinden nachlässt - zu vermindertem Appetit: es schmeckt nicht mehr so gut wie früher und liegt wie Stein im Magen...
    Der Zusammenhang mit Diabetes liegt darin, dass es bei fortgeschrittenem Krankheitsstadium infolge einer Neuropathie zu einer Gastroparese kommen kann, d. h. die Beweglichkeit der Magenmuskulatur ist eingeschränkt. In diesen Fällen wird MCP bzw. Domperidon eingesetzt, um die Motilität wieder herzustellen rsp. zu fördern.

    Die PPI, so auch die Meinung vieler Geriater, sind eine AM-Gruppe, die häufig ohne wirkliche Indikation eingesetzt wird. Demzufolge werden diese AM meist auch umgehend abgesetzt, wenn ein Geriater hinzugezogen wird. Ich könnte mir vorstellen, dass das nachlassende Geschmacksempfinden und der sowieso geringer werdende Energiebedarf im Alter, vielleicht noch im Zusammenspiel mit einem Problem im Mund-/Zahnbereich, Stichwort Prothese, schlechtere Vorzerkleinerung durch Kauen, zu einer allgemein schlechteren Verträglichkeit von Speisen führt. Wenn der Patient dann beim Arzt darüber klagt, bekommt er eben den PPI. Begründung: wir müssen den Magen schützen, Sie nehmen ja auch noch soviel andere Medikamente ein. Gestützt wird diese Einschätzung, dass PPI "Magenschützer" sind, auch noch dadurch, dass wir sie in der Apotheke meist auch mit dieser Beschreibung abgeben. Dabei ist diese Wirkung einzig und allein dann richtig, wenn AM gegeben werden, die säurebedingte Beschwerden unterstützen können! Hier fehlt mir oft die nötige Differenzierung, vielmehr werden sie - für mein persönliches Empfinden - zunehmend als Lifestyle-AM eingesetzt, frei nach dem Motto: heute habe ich wieder mal zu viel und zu fett gegessen und beim Alkohol über die Stränge geschlagen - eine Woche PPI und alles ist wieder im Lot...
    So, dass war jetzt mein persönlicher Exkurs dazu - ich hoffe, die Zusammenhänge, die Sie angesprochen haben, sind trotzdem einleuchtend?

    Herzliche Grüße
    Claudia Wegener
    Claudia Wegener, Apothekerin, Ihre Expertin in den Recht-Foren von pharma4u.
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  5. #5
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    Hallo,

    Frau Wegener.... -> seh ich genauso..
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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  6. #6
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    Vielen Dank für die ausführliche Erläuterung (jetzt habe ich es verstanden; )) und vielen Dank auch für Ihre Stellungnahme!

    PPI haben tatsächlich ein ganz anderes Indikationsgebiet als "Magenschutz", oder auch "Stressulkusprophylaxe" : D

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