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Thema: Abgabe von 4% Formaldehyd-Lösung

  1. #1
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    Abgabe von 4% Formaldehyd-Lösung

    Sehr geehrter Herr Bregulla,

    wir haben die Bitte einer Arztpraxis erhalten, eine 4% Formaldehyd-lösung herzustellen.
    In der Chemikalienverbotsverordnung ist die maximal zur Abgabe erlaubte Konzentration jedoch auf 0,2% begrenzt.
    Ist in diesem Fall eine Ausnahme erlaubt und was muss bei der Abgabe beachtet werden?

    Vielen Dank im Voraus, mit freundlichen Grüßen

    Vera Tjards

  2. #2
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Detlev Bregulla
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    Das Abgabeverbot in der ChemVerbotsV (Anhang, Abschnitt 3, Spalte 2, Satz 3) bezieht sich auf Wasch-, Reinigungs- und Pflegeprodukte. Diese Vorschrift zielt auf die Verwendung als Konservierungsmittel in gewöhnlichen Produkten dieser Art zur Abgabe an den Endverbraucher.

    Daher ist für eine 4%ige Zubereitung diese Vorschrift nicht anzuwenden, wenn es sich um
    (a) einen gewerblichen Anwender handelt
    (b) einen Verwendungszweck außerhalb der genannten Produkte
    handelt.

    Eine Arztpraxis ist ein gewerblicher Anwender. Der Verwendungszweck (ich vermute Konservierungszwecke bei diagnostischen Probenmaterial) sollte erfragt und dokumentiert werden.

    Da es sich um eine Zubereitung handelt, ist die alte Einstufung und Kennzeichnung nach Zubereitungsrichtlinie zu verwenden und keine GHS-Kennzeichnung.

    Mit bestem Gruß

    Dr. Detlev Bregulla
    Geändert von Dr. Detlev Bregulla (16.04.2011 um 10:41 Uhr) Grund: Gesetzeszitat ergänzt.
    Dr. Detlev Bregulla, Diplom-Chemiker: Ihre Experte im Forum Gefahrstoffe in der Apotheke
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  3. #3
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    Sehr geehrter Herr Dr. Bregulla,

    wir hatten gestern auch eine Anfrage bezüglich Formaldehyd. Und zwar hat uns ein Kunde gefragt, ob wir ihm Formaldehyd 35% besorgen können. Er möchte dies für die Parasitenbehandlung seiner Fische verwenden. Fällt dieser Verwendungszweck auch unter das Abgabeverbot der ChemVerbotsV oder kann ich hier von einer Verwendung als Arzneimittel ausgehen (gibt ja auch eine Standardzulassung "Formaldehyd-Lösung 36 Prozent (m/m) ad us. vet." für genau diesen Verwendungszweck) und wäre damit dann eine Abgabe erlaubt?!?

    Vielen Dank im Voraus

    Mit bestem Gruß

    Christopher Zeller

  4. #4
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Detlev Bregulla
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    Gefahrstoffrechtlich wird Formaldehyd 35% in vollem Umfang von der ChemVerbotsV erfaßt und die Abgabe an Privatverbraucher ist nicht zulässig, auch wenn der Verwendungszweck plausibel und nachvollziehbar ist.

    Eine Abgabe an einen Verwender als Arzneimittel (hier: Tierarzneimittel) ist zulässig, wenn dies entsprechend der arzneimittelrechtlichen Vorschriften erfolgt; insbesondere muss ein Rezept vorgelegt werden.

    Mit bestem Gruß

    Dr. Detlev Bregulla
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  5. #5
    Premium-User Avatar von Nora Gems
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    Hallo Dr. Bregulla,
    lerne gerade für das 3. Staatsexamen und habe zwei Fragen bezüglich Formaldehyd.

    Zitat Zitat von Dr. Detlev Bregulla Beitrag anzeigen
    Eine Abgabe an einen Verwender als Arzneimittel (hier: Tierarzneimittel) ist zulässig, wenn dies entsprechend der arzneimittelrechtlichen Vorschriften erfolgt; insbesondere muss ein Rezept vorgelegt werden.
    Warum brauche ich dann ein Rezept? Weil ich halt maximal nach ChemVerbotsV bis 0,2% abgeben darf?


    Zitat Zitat von Dr. Detlev Bregulla Beitrag anzeigen
    Daher ist für eine 4%ige Zubereitung diese Vorschrift nicht anzuwenden, wenn es sich um
    (a) einen gewerblichen Anwender handelt
    (b) einen Verwendungszweck außerhalb der genannten Produkte
    handelt.
    Wie kann man das verstehen "ein Verwendungszweck außerhalb der genannten Produkte"? Also bei Formaldehyd steht ja "Wasch-, Reinigungs, und Pflegemittel". Wenn jetzt ein Kunde sagt, er hätte gern 35% Formaldehyd, um damit Regenwürmer in Gläsern einzulegen und zu konserivieren, darf ich das dann abgaben?

    Nora

  6. #6
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Detlev Bregulla
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    Ein Rezept ist nur erforderlich, wenn es ausdrücklich als Tierarzneimittel verwenden wird, ansonsten nicht.

    Wenn ein Kunde (Privatperson) das Formaldehyd zu diesem Zweck verwendet, ist die Entscheidungskompetenz des Apothkers gefragt: Formal unter keinen Umständen eine Abgabe. Wenn der Kunde aber als Hobbyforscher bekannt ist (davon gibt es ja zahlreiche, die auch wertvolle wissenschaftliche Arbeit leisten), kann man zugunsten des Kunden die Abgabe für "Forschungszwecke" durchführen und dokumentieren.

    Mit bestem Gruß

    Dr. Detlev Bregulla
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  7. #7
    Premium-User Avatar von Nora Gems
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    Hallo Dr. Bregulla,
    vielen Dank für die Anworten (auch auf meine vielen anderen Fragen).
    Eine letzte Nachfrage:
    Zitat Zitat von Dr. Detlev Bregulla Beitrag anzeigen
    kann man zugunsten des Kunden die Abgabe für "Forschungszwecke" durchführen und dokumentieren.
    Wo im Gesetz steht die Ausnahme mit den Forschungszwecken?

    Danke
    Nora

  8. #8
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Detlev Bregulla
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    § 1, Abs. 2, Nr. 2 der Chemikalienverbotsverordnung in Verbindung mit Abschnitt 3 (Formaldehyd), Spalte 3, derselben Verordnung.

    Diese Ausnahmetatbestände gelten für alle von Verboten (auch in anderen Rechtsnormen) betroffenen Chemikalien und Zubereitungen. Ansonsten wäre eine Forschung und Lehre de fakto nicht mehr möglich.

    Mit bestem Gruß

    Dr. Detlev Bregulla
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  9. #9
    Premium-User
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    Sehr geehrte Damen und Herren, bei mir hat ein Künstler angefragt, ob er Formol (10 % Methanal-Lös) in der Apotheke kaufen kann. er braucht es zum
    Aushärten von Kunststoffen. Ist die Abgabe in der Apotheke möglich?

  10. #10
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Detlev Bregulla
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    Ja. Der Verwendungszweck ist plausibel und ein Künstler ist als "Gewerbetreibender" einzustufen. Eine Substitution dürfte nicht in Frage kommen.

    Hier würde sogar noch theoretisch das Grundgesetz greifen, da die Nichtabgabe die Freiheit der Künste betreffen würde. Das würde ich aber nicht so hoch aufhängen.

    Mit bestem Gruß

    Dr. Detlev Bregulla
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