Gibt es irgendwelche neuen Erkenntnisse zur Stabilisierung von Salben oder Cremes mit einer hohen Urea Konzentration? Wir machen das immer noch mit Milchsäure und Natriumlactat
Gibt es irgendwelche neuen Erkenntnisse zur Stabilisierung von Salben oder Cremes mit einer hohen Urea Konzentration? Wir machen das immer noch mit Milchsäure und Natriumlactat
Hallo Frau Wagner,
einiges Wissenswertes zur Stabilität von Harnstoff können Sie den gleichnamigen Rezepturhinweisen von DAC/NRF entnehmen. Es ist aus den verfügbaren Daten nicht abzuleiten, dass sich höher konzentrierter Harnstoff in wässriger Lösung stärker zersetzt und dass das zwangsläufig zu einem rascheren oder stärkeren pH-Anstieg führt. Insofern ist nicht ganz nachvollziehbar, weshalb höher konzentrierte Harnstoff-Cremes (gemeint sind vermutlich Konzentrationen über 10 %) grundsätzlich anders bewertet werden müssten. Außerdem muss man fragen, unter welchen Bedingungen ein Puffer überhaupt nötig ist. Das kann der Fall sein, wenn alkalilabile Stoffe zusätzlich enthalten sind, wie etwa saure Konservierungsstoffe oder Externsteroide. Entscheidend ist dabei, in welchem Zeitraum der pH-Wert wie weit ansteigt, und was im konkreten Fall noch tolerabel ist. Bei einer Creme, die nur Harnstoff, und ansonsten keine alkalilabilen Stoffe enthält, kann man den pH-Anstieg beispielsweise bis etwa 8-9 tolerieren. Ein Beispiel hierfür ist die Vorschrift NRF 11.73. Sehen Sie dort auch die Kommentierung zur Stabilität.
Eher würde ich mit steigender Harnstoff-Konzentration physikalische Stabilitätsprobleme sehen. So etwa Rekristallisation in lipophilen Cremes, wegen des begrenzten Wasseranteils und die Konsistenzabnahme in hydrophilen Cremes. Letzteres lässt sich beobachten, wenn 40-prozentige Harnstoff-Cremes für die Nagelablösung hergestellt werden sollen. Hier muss man u. U. ein Verdickungsmittel zusetzen, um die Konsistenz zu erhalten.
Viele Grüße
Antje Lein
Antje Lein, NRF, Apothekerin: Ihre Expertin im Forum Schwierige Rezepturen
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Vielen Dank für Ihre Antwort!
Zu der Problematik Harnstoff in Salben habe ich ebenfalls einige grundlegende Fragen: Wir haben seit Jahren Harnstoff in der gleichen Menge Wasser gelöst und in die Salbengrundlage eingearbeitet. In den NRF-Rezepturen wird Harnstoff im Wasser gelöst und mit den übrigen Bestandteilen zu einer Salbe gefertigt. Wie verhält sich das, wenn ich aber schon eine fertige Salbengrundlage vorgegeben habe? Wie relevant sind bei 10g Harnstoff 10g zusätzliches Wasser auf 100g Ungt. emulsific. aquos. SR oder DAB oder Basiscreme für die Eigenschaft und Wirkung der Salbe? In Ungt. leniens lässt sich Harnstoff 10% gelöst in Wasser ohnehin schlecht einarbeiten. Wie verfährt man hier am besten?
Wie sinnvoll ist es, diese 10g Wasser zusätzlich zu konservieren (bei Hautproblemen?? ) , wenn die Salbengrundlage bereits konserviert ist?
Nehme ich dann z.B. 8 g Wasser und 2 g Propylenglycol, um die Harnstoffsalbe ausreichend zu konservieren? Ist das überhaupt notwendig, wenn die Haltbarkeit meist mit 4 Wochen angegeben wird? Bei längerer Anwendung ist das auf jeden Fall nachvollziehbar!
Wie verhält sich das mit dem Kristallwachstum, in welchem Zeitraum geschieht das? Gibt es einen Unterschied, ob Harnstoff gelöst oder feinst gepulvert angerieben in die Salbengrundlage eingearbeitet wird? Der pH-Wert Anstieg ist, wie ich auch im NRF nachgelesen habe, etwas zu vernachlässigen, auf die Haltbarkeit von 4 Wochen sicher ohnehin. Wie dokumentiere ich diese Problematik in Zukunft "revisionssicher" ?
Wie verfährt man am besten, wenn eine größere Menge Salbe verordnet ist, die aber in 4 Wochen nicht aufgebraucht wird? Eine Stückelung in 2 Drehkruken wäre da sinnvoll aber nicht abrechenbar... außer, der Arzt verordnet das explizit. Ich bedanke mich im Voraus für die Antwort, die mich schon seit längerer Zeit brennend interessiert? (ich darf gar nicht dran denken, dass lt. SR90 die Salben in normalen Kruken fast alle 6 Monate haltbar waren... bis auf wenige Ausnahmen...
Guten Morgen, Frau Jähn,
ich glaube, Sie machen sich viel zuviel Arbeit! Wenn man in eine Salbengrundlage sowieso (!) noch Wasser einarbeiten muß, ist es sicherlich sinnvoll, Harnstoff darin zu lösen und die Lösung einzuarbeiten.
Hier ist der Wasseranteil in der Salbengrundlage so hoch, daß sie Harnstoff einfach kristallin einarbeiten können. Während der Einarbeitung wird er sich dann vollständig im Wasseranteil der Salbe lösen! Ich würde dabei immer die manuelle Verarbeitung bevorzugen, um die Entstehung übersättigter Lösungen durch Wärmebildung bei hohen Drehzahlen zu vermeiden (diese führt dann bei der späteren Lagerung zur Auskristallisation) - außerdem spürt und hört man, ob sich der Harnstoff vollständig gelöst hat. Das kann u. U. einige Minuten dauern, aber es funktioniert.Wie relevant sind bei 10g Harnstoff 10g zusätzliches Wasser auf 100g Ungt. emulsific. aquos. SR oder DAB oder Basiscreme
Zusätzlich eingearbeitetes Wasser sollte immer entsprechend der Grundlage konserviert werden. Da Harnstoff im leicht Sauren am stabilsten ist, bietet sich meist Sorbinsäure an, aber auch Propylenglykol ist möglich.
Das hängt davon ab, ob und wieviel Wasser die Salbengrundlage enthält: Wenn mindestens genauso viel Wasser enthalten ist wie Harnstoff, sollte dieser sich vollständig lösen - dann können Sie mit kristalliner Substanz arbeiten (s. o.). Bei der Verpackung sollten Sie darauf achten, daß der Verdunstungsverlust des Wassers durch das Packmittel möglichst gering ist (--> Tube!), um eine durch Verdunstungsverluste hervorgerufene Auskristallisation zu vermeiden. Weisen Sie auch den Kunden darauf hin, daß die Tube / Kruke immer sofort wieder verschlossen und möglichst nicht zu warm gelagert werden sollte.Gibt es einen Unterschied, ob Harnstoff gelöst oder feinst gepulvert angerieben in die Salbengrundlage eingearbeitet wird?
Wenn die Grundlage wasserfrei ist oder nur einen geringen Wasseranteil (W/O) enthält, sollte der Harnstoff feinst (!) gepulvert werden, weil er dann in der Grundlage nur suspendiert wird (Beispiel: Vaseline). Ggf. muß über den Dreiwalzenstuhl homogenisiert werden.
Die verordnete Menge sollte innerhalb der Aufbrauchfrist aufgebraucht sein (daher wohl auch der Name ) - also: Menge entsprechend vermindern, Info an den Verordner mit Erläuterung.Wie verfährt man am besten, wenn eine größere Menge Salbe verordnet ist, die aber in 4 Wochen nicht aufgebraucht wird?
Grüße C. Wegener
Claudia Wegener, Apothekerin, Ihre Expertin in den Recht-Foren von pharma4u.
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Ich bedanke mich ganz sehr für die ausführliche Antwort. Mir ist heute eine ältere Ausgabe des Heftes "Rezepturen - Probleme erkennen, lösen, vermeiden" in die Hände gefallen und darin hab ich auch schon einige Antworten gefunden. Also haben sich einige meiner Vermutungen durch das Heft bestätigt und die ausführliche Antwort im Forum hat das ebenfalls noch mal belegt.
Viele Grüße und vielen Dank!
Birgit Jähn
Maike Noah, Apothekerin
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Hallo Frau Jähn,
Frau Wegener hat alles richtig dargestellt, aber vielleicht nicht ganz so übersichtlich. Ich will es einmal in vereinfachter Form versuchen. Es gibt im Grunde nur 3 verschiedene Vorgehensweisen für das Einarbeiten von Harnstoff in Grundlagensysteme:
1.) Harnstoff + wasserfreie Systeme wie z.B. hydrophobe Salben, W/O - oder O/W - Absorptionssalben
a) kristallinen Harnstoff von Hand in einem (noch rauhen) Porzellanmörser in kleinen Anteilen pulverisieren oder in einer Mühle, die keine Wärme
erzeugen darf und keine Plastik-Teile im Mahlraum enthält, maschinell pulverisieren.
b) a) wird durch Sieb 180 gesiebt
c) gesiebtes Gut z.B. mit Paraffin. liq. anreiben und in die Grundlage einarbeiten (nicht mit Unguator oder Topitec)
d) fertige Rezeptur 1mal - notfalls 2mal auf dem Dreiwalzenstuhl bei engster Spalteinstellung der vorderen Walzen die Teilchengröße
homogenisieren;
e) Inprozess-Kontrolle: Teilchengröße mit Grindometer nach jedem Durchgang überprüfen; Teilchen über 120 yu kratzen auf der Haut.
2.) Harnstoff + W/O - Cremes
a) Harnstoff in der 1 1/2 - 2fachen Menge Wasser kalt (!) lösen
b) zu a) Lactat - Puffer (5 % bezogen auf die Gesamtmenge) hinzugeben
c) b) in kleinen Anteilen auf kaltem Wege in die Grundlage einarbeiten
Ausnahme: in "Hydrophobe Basiscreme DAC (NRF S. 41.)" kann das Vorlösen unterbleiben und der Harnstoff direkt eingearbeitet werden.
3.) Harnstoff + O/W - Cremes, O/W - Lotions
a) Creme vorlegen und den kristallinen Harnstoff auf die Oberfläche streuen
b) a) so lange (von Hand!) rühren, bis kein Knirschen mehr in der Fantaschale zu hören ist (= Harnstoff hat sich in der hydrophilen Außenphase
gelöst)
c) Lactat - Puffer zu b) geben
d) c) am besten in Tube abfüllen (= wasserdampfdicht)
MfG
Gerd Wolf
Lieber Dr. Wolf,
vielen Dank für Ihre übersichtliche Darstellung! Man sollte gar nicht glauben, wie EINFACH es manchmal sein kann - das kennen wir Apotheker gar nicht mehr....
Eine schöne Woche!
C. Wegener
Claudia Wegener, Apothekerin, Ihre Expertin in den Recht-Foren von pharma4u.
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