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Thema: Tubuloglomeruläres Feedback und Furosemid

  1. #1
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    Tubuloglomeruläres Feedback und Furosemid

    Hallo!
    Bin mir nicht ganz sicher ob ich das richtig verstanden habe.
    Wenn die NaCl-Konzentration im distalen Tubulus niedrig ist (d.h. RR ist auch niedrig?), dann wird vermehrt Renin ausgeschüttet,
    wodurch dann der RR steigt.
    Zusätzlich würde doch auch die GFR steigen.
    Aber ist das nicht gegenläufig? Denn damit die GFR steigt, müsste es zur Vasodilation kommen
    und dadurch würde der RR weiter sinken.

    zu Furosemid:
    Furosemid wird ja bei Hypertonie eingesetzt und erniedrigt den RR indem es den Na+/K+/2Cl--Kotransporter hemmt
    und dadurch Elektrolyt- und Wasserverluste verursacht.
    Es hemmt doch auch die Na+/K+/2Cl--Kotransporter in der Macula densa dann würde laut Feedback eigentlich vermehrt Renin ausgeschüttet werden. Das würde doch wieder dazu führen, dass der RR steigt.

    Hoffe mir kann jemand weiter helfen.

  2. #2
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Hallo,

    das mit dem TGF, dem RAAS und den Diuretika ist ganz schon kompliziert!
    Waren Sie in meinem Pharmako-Semianar..? Dort versuche ich immer das ganze so einfach wie möglich zu erzählen (die halbe Wahrheit sozusagen.. und lasse eher unlogische und wenig bedeutsame Epiphänomene beiseite). Mit genau so einem kommen Sie aber hier.. Leider wird das in Lehrbüchern immer wieder etwas zu sehr in den Mittelpunkt gerückt. Kein Wunder dass es keiner versteht...

    Also fangen wir nochmal mit der Basis an:
    Tubuloglomeruläre Feedback (TGF):
    Die osmosensorischen Zellen der Macula densa messen als Teil des juxtaglomerulären Apparates im distalen Tubulus
    1. die intraluminale NaCl-Konzentration
    2. die Flussrate des Harns
    Sind diese Messparameter erhöht, kommt es zu einer Vasokonstriktion der Arteriolen (Vasa afferentia), die zum Nierenkörperchen führen. Dadurch wird direkt eine Verminderung der GFR erzielt. Vasokonstriktorisch (an V.aff.) wirken dabei vor allem die Mediatoren Endothelin und Adenosin (NICHT Angiotensin, das hat hier nix zu suchen!!). Beim tubuloglomerulären Feedback handelt es sich also um eine physiologische SPONTAN und SOFORT-Gegenregulation, die die Nephronen vor einer Hyperfiltration (zu starker Wasser und Elektrolytverlust) schützt.
    Nebeneffekt: Die Vasokonstriktion der Vasa afferentia führt auch zu einer Hemmung der Renin-Sekretion. Dieser Effekt ist aber systemisch gesehen eher marginal und wird oft in seiner Bedeutung überschätzt!! Ignorieren Sie das einfach (es macht sonst das Grund-Verständnis kaputt)!

    Diuretika:
    Alle relevanten Diuretika erhöhen
    1. die Na-Menge an der Meßstelle (Macula densa)
    2. die Flußrate (durch die Diurese)
    und müssten demnach alle ein TGF mit folgender Senkung der GFR auslösen (was den diuretischen Effekt SCHNELL begrenzen würde).
    Die von Ihnen beschriebenen Schleifendiuretika (wie Furosemid) heben den SOFORT-Effekt - wie von Ihnen richtig beschreiben - auf!
    Dadurch steigt kurzfristig(!) die Diurese stark an ("High-Ceiling-Diuretika").
    In Bezug auf das TGF unterscheiden sich also die Diuretika-Klassen voneinander, damit auch in Ihrer Wirkung auf die lokal (über TGF gesteuerte) Renin-Freisetzung. Und jetzt aufgepasst: dieser Effekt ist (systemisch gesehen) MARGINAL! (nochmal: ignorieren!).
    Was systemisch bedeutsam ist: Es gibt natürlich noch mehr Stellschrauben in unserem Körper die das RAAS aktivieren können (v.a. der systemische Blutdruck) und der sinkt zunächst bei ALLEN Diuretika. Und daher führen - zeitverzögert - letztlich ALLE Diuretika (auch Schleifen-!) zu einer kompensatorischen RAAS-Aktivierung!

    Ich hoffe das war verständlich...?
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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  3. #3
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    Vielen Dank für Ihre Antwort!

  4. #4
    Premium-User Avatar von Eric Kreuzmann
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    Hallo,
    ich hätte noch eine Frage dazu. Im Mutschler "Arzneimittelwirkung" Auflage 10 S. 635 heißt es : an der Niere selbst setzt Angiotensin II die Nierendurchblutung am vas efferens herab. Die Folge ist eine Verringerung der GFR...Zitat Ende.

    Diese Aussage ist mir nicht ganz schlüssig. Würde eine Konstriktion des vas efferens nicht den Glomerulusdruck und somit die GFR erhöhen ?
    Auf der anderen Seite wäre eine Induktion des Bayliss Effektes mit einhergehender Konstriktion des vas afferens denkbar. Welcher Effekt überwiegt denn hierbei und wie wird die GFR unter ATII Einfluss verändert?

  5. #5
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Christoph Behrendt
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    Hallo Herr Kreuzmann,

    wenn vas efferens oder jedes andere Blutgefäß in seinem Durchmesser bzw. Radius verringert wird, dann fällt der Druck und folglich auch die Glomeruläre Filtrationsrate! Denken Sie an das Gesetz von Hagen-Poiseuille, wonach unter anderem die Druckdifferenz zwischen Anfang und Ende des Rohres proportional von dem Radius in der VIERTEN Potenz abhängt und ebenfalls der Volumenstrom direkt proportional zunimmt bzw. bei Radiusverkleinerung abnimmt.
    Der Bayliss Effekt beschreibt die Reaktion eines Blutgefäßes auf zu hohen Blutdruck:
    "Ändert sich durch eine Blutdruckerhöhung die Wanddehnung einer kleinen Arterie oder Arteriole, so wird dies von einer Kontraktion der glatten Gefäßmuskelzellen beantwortet. Dadurch verringert sich der Radius des Blutgefäßes und der Gefäßwiderstand steigt (Hagen-Poiseuillesches Gesetz)." (Zitat Wikipedia) Der Blutdruck nimmt dadurch ab und wird dynamisch bzw. myogen autoreguliert und Schwankungen ausgeglichen, damit eine gleichmäßige Durchblutung von Niere etc. gewährleistet ist.

    Kollegiale Grüße
    Dr. Christoph Behrendt, Apotheker, Ihr Experte im Forum Pharmazeutische Chemie (v,a, Hauptstudium)
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  6. #6
    Premium-User Avatar von Eric Kreuzmann
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    Hallo Herr Behrendt,

    das vas efferens ist doch aber ein abführendes Gefäß . Bei dessen Konstriktion sollte doch der glomeruläre Druck steigen.
    Zudem wäre ja die RAAS Aktivierung bei einer Nierenarterienstenose ziemlich ungünstig bzgl. der GFR.

    Vielleicht stehe ich ja gerade auf dem Schlauch, aber es macht nicht Klick .

    Beste Grüße

  7. #7
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Christoph Behrendt
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    Ah, jetzt verstehe ich Ihre Frage! :-)
    Habe mich durch Bayliss-Effekt und Blutdruck auf den Holzweg begeben und nicht genau genug gelesen.
    Sie haben recht! Angiotensin II bewirkt eine bevorzugte Konstriktion des Vas efferens, folglich steigt der Filtrationsdruck am Glomerulus und auch die GFR. Folgenden englischsprachigen Abstract kann ich dazu zitieren (weil alles etwas komplizierter ist):

    "In addition to its extrarenal functions, including the control of arterial pressure and aldosterone secretion, the renin-angiotensin system (RAS) also has multiple intrarenal actions in controlling glomerular filtration rate (GFR) and sodium excretion. Angiotensin II (AngII) helps to prevent excessive decreases in GFR in different physiological and pathophysiological conditions by preferentially constricting the efferent arterioles, an action that can be mediated by either intrarenally formed or circulating AngII. Circulating AngII and intrarenally formed AngII do not appear to directly constrict preglomerular vessels, including the afferent arterioles, when the RAS is activated physiologically. Wichtig ist zu beachten, ob ein physiologischer Zustand oder ein pathophysiologischer Zustand vorliegt.
    The sodium-retaining action of AngII may be due, in part, to constriction of efferent arterioles and to subsequent changes in peritubular capillary physical forces. However, AngII may also directly stimulate sodium reabsorption in proximal and distal tubules, although the exact site at which AngII increases distal tubular transport is still uncertain. Considerable evidence indicates that the direct intrarenal effects of AngII on tubular reabsorption, including those caused by changes in peritubular capillary physical forces or a direct action on tubular transport, are quantitatively more important than those mediated by changes in aldosterone secretion. Thus, the intrarenal effects of AngII provide a mechanism for stabilizing the GFR and excretion of metabolic waste products while causing sodium and water retention, thereby helping to regulate body fluid volumes and arterial pressure."
    Quelle: http://europepmc.org/abstract/MED/3514280

    Hilft das?
    Viele Grüße
    Dr. Christoph Behrendt, Apotheker, Ihr Experte im Forum Pharmazeutische Chemie (v,a, Hauptstudium)
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  8. #8
    Premium-User Avatar von Eric Kreuzmann
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    Danke für die Antwort, das klingt doch weitaus schlüssiger als der Absatz aus dem Mutschler
    Hab ich richtig verstanden, dass die Resorption stärker durch ATII als durch Aldosteron beeinflusst wird ?
    Das würde ja mein ganzes RAAS-Verständnis über den Haufen werfen

    Viele Grüße

  9. #9
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    ganz schön kompliziert... ;-)
    Sie haben m.E. einen Fehler im Mutschler entdeckt. Vielleicht weisen Sie ihn darauf hin?

    VG A. Ravati
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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  10. #10
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    Hallo Alexander,

    was meinst Du dazu? Ich würde schon sagen, dass ATII einen stärkeren Einfluss auf die Diurese hat als Aldosteron. Bin aber bei diesem komplexen Thema etwas vorsichtiger mit Aussagen. ;-)

    LG

    Zitat Zitat von Eric Kreuzmann Beitrag anzeigen
    Danke für die Antwort, das klingt doch weitaus schlüssiger als der Absatz aus dem Mutschler
    Hab ich richtig verstanden, dass die Resorption stärker durch ATII als durch Aldosteron beeinflusst wird ?
    Das würde ja mein ganzes RAAS-Verständnis über den Haufen werfen

    Viele Grüße
    Dr. Christoph Behrendt, Apotheker, Ihr Experte im Forum Pharmazeutische Chemie (v,a, Hauptstudium)
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