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Thema: Amoxicillin oder Ampicillin in Vaginalcreme

  1. #1
    Premium-User Avatar von Günter Wickop
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    Amoxicillin oder Ampicillin in Vaginalcreme

    Wir haben eine Nachfrage eines Gynäkologen, der (nach Antibiogramm!) eine Vaginalcreme oder -Gel mit Ampicillin oder Amoxicillin rezeptieren möchte....
    Fertig-Arzneimittel gibt es nicht.
    Welche Grundlage (Vagisan ?) und welche Dosierung kommt in Frage?
    Ist lokale Anwendung überhaupt sinnvoll ?
    Oder sollte die Patientin doch Tabletten schlucken oder eine Infusion bekommen ?

  2. #2
    Premium-User Avatar von Hassan Iznaguen
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    Hallo Herr Wickop,

    Zunächst ist sicherlich die Frage nach der tatsächlichen Ursache für die bakterielle Infektion erlaubt: handelt es sich u.U. um eine Blasenentzündung oder um eine Infektion des Darms, die sich übertragen hat? Oder ist dies eine Infektion, wie sie während der Schwangerschaft auftreten kann? Entsprechend wäre zu überlegen, ob eine Therapie der Ursache (und dementsprechende Wahl der Arzneiform) evtl. sinnvoll wäre, um so "zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen". Dann böte sich eine Antibiotika Therapie entsprechend den Leitlinien an, wobei die lokale Infektion, bei ausreichender Dosierung, sicherlich mit erfasst wird. Im Falle einer Schwangerschaft steht die Auswahl des Antibiotikums und dessen Apllikationsform (Arzneiform) entsprechend dem vorliegenden Trimenon unter gewissen Einschränkungen.

    Zu Ihrer Frage gab es in der PZ (51-52/2013) folgenden Artikel: http://www.pharmazeutische-zeitung.d...x.php?id=30817. Hier steht:" Therapie der Wahl sind nach Angaben der Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) mindestens zehn Tage lang Doxycyclin (zweimal 100 mg/d) oder Amoxicillin (dreimal 500 mg/d). Vergleichbar wirksam, von der Compliance her überlegen, aber auch teurer ist die Einmaltherapie (1 g/d) mit Azithromycin. Eine Alternative bietet Erythromycin, von dem zweimal 500 mg/d über 14 Tage oder viermal 500 mg/d über sieben Tage einzunehmen sind. In der Schwangerschaft empfiehlt die DGGG, immer mit Erythromycin zu behandeln; aus Sicherheitsgründen sollte aber nicht vor Abschluss der 14. Schwangerschaftswoche begonnen werden."

    Eine lokale Therapie, entsprechend der Quelle (http://www.gynaktuell.de/text.php3?t...49&seq=1&la=de), verläuft erfogreich bei Anwendung von Metronidazol. Ansosnten wird in dieser Quelle die orale Applikation u.a. von Amoxcillin, Clindamycin oder Metronidazol empfohlen. Clindamycin erfasst hauptsächlich Staphylokokken,Streptokokken und Anaerobier. Empfindlich sind auch Diphtheriebakterien, Milzbrandbazillen, Gardnerella vaginalis und Mykoplasma hominis.(Brune/Lemmer; klinische Pharmakotherapie). Metronidazol ist wirksam gegen Protozoen (z. B. Trichomonas vaginalis, Entamoeba histolytica, Giardia lamblia, Balantidum coli) und wirkt darüber hinaus rasch bakterizid gegen anaerobe Bakterien, wie z. B. Bacteroides fragilis, Fusobakteriumarten, anaerobe grampositive und gramnegative Kokken und Clostridien.(Quelle:Lemmer/Brune, s.o.)

    In einer anderen Quelle (http://flexikon.doccheck.com/de/Ampicillin) wird entsprechend der PK eine perorale Applikation wegen der geringen BV gegenüber eine i.v.Applikation als wenig erfolgversprechend angesehen.

    Zum Thema Antibiotika-Therapie während der Schwangerschaft, gibt der Brodt / Simon / Stille - Antibiotika Therapie - Schattauer einige brauchbare Informationen hierzu (http://www.schattauer.de/.../978-3-7...909.pdf‎). Zu den Arzneimitteln der 1. Wahl findet man in diesem Werk ebensfalls das Metronidazol (bis 20. SSW) und das Clindamycin (ebenfalls nur bis 20. SSW).

    Die Frage der Stabilität dieser Wirkstoffe in Abhängigkeit vom pH ist bei diesen Antibiotika nicht mehr das Problem, da beide Antibiotika säurestabil sind. Im Fall des Ampicillins ist das Problem die magelhafte Resorption (und damit der schlechten BV zumindest bei p.o. Gabe), die darauf zurückzuführen ist, dass das Molekül bei allen pH Werten eine Ladung trägt, so dass eine passive Absorption über die Lipidschichten erschwert ist. Dies ist beim Amoxicillin nicht der Fall: man vermutet, dass Amoxicillin über einen Carrier transportiert wird, so das eine deutlich höhere BV resultiert. (Steinhilber et al. Med.Chem) Sicherlich wird diese Problematik im Fall einer lokalen Therapie noch gravierender zu Buche schlagen, da die zu überwindende Epithelschicht wesentlich dicker ist als die der Darmschleimhaut, so dass eine lokale Therapie wohl nur unter Verwendung von Keratolytika, die die Permeation unterstützen, erfolgen müßte.

    LG H.
    Geändert von Hassan Iznaguen (23.12.2013 um 10:06 Uhr)

  3. #3
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Stefanie Melhorn
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    11.03.2011
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    Sehr geehrter Herr Wickop,

    zu dem Beitrag von Herr Iznaguen kann ich nicht mehr viel hinzufügen.

    Für Amoxicilin- und Ampicillin-Vaginalcremes gibt es keine sinnvollen Rezepturvorschläge. Häufig handelt es sich um spontane Verordnungen der behandelnden Ärzte, die weder auf Therapieempfehlungen, nationalen oder internationalen Therapieleitlinien noch Literaturberichten basieren. Standardtherapeutika sind unserer Kenntnis nach Clindamycin und Metronidazol. Das ist auch der Stand der 2013 aktualisierten AWMF-Therapieleitlinien zur Behandlung der bakteriellen Vaginose (siehe www.awmf.org > Aktuelle Leitlinien > Registernummer 015/028). Es kann zu Clindamycin-Resistenzen kommen, die Erreger sind aber selten zugleich unempfindlich gegen Metronidazol. Andere Antibiotika und Chemotherapeutika sind entweder als wirkungslos anzusehen (Sulfonamide) oder sollen wegen ihrer wichtigen Anwendung bei systemischen Infektionen nicht angewendet werden. Selbst wenn aktuelle individuelle Antibiogramme aus Scheidenabstrichen als Motiv für solche Verordnungen angeführt würden, gibt es keine Hinweise auf ausreichende lokale Wirksamkeit bzw. gesicherte Konzentrationsangaben. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Wirksamkeitsbeeinträchtigung bestimmter Wirkstoffe durch pH-Effekte.

    Viele Grüße
    Stefanie Melhorn
    Dr. Stefanie Melhorn, NRF, Apothekerin: Ihre Expertin im Forum Schwierige Rezepturen
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