Ergebnis 1 bis 4 von 4

Thema: Zuzahlung bei Asylbewerbern

  1. #1
    Premium-User Avatar von Susanne Sparing
    Registriert seit
    30.01.2011
    Ort
    Leipzig
    Beiträge
    26

    Zuzahlung bei Asylbewerbern

    Hallo,

    da dieses Thema bei uns in der Apo grade diskutiert wurde, möchte ich es hier anbringen: bis vor kurzem hieß es bei uns noch, wenn auf dem Rezept steht Asyl (also Asylbewerber) so ist der Patient immer von der Zuzahlung befreit, selbst wenn zuzahlungspflichtig angekreuzt ist. Nun hat eine Kollegin uns mitgeteilt, dass es wohl öfter vorkommt, dass die Asylbewerber zwar nach einiger Zeit im Land einer deutschen KK zugeteilt werden, der Arzt aber aus Nichtwissen oder Unachtsamkeit Asyl auf das Rezeot druckt. Dann soll es wohl vorkommen, dass das Sozialamt nicht mehr zahlen will und die KK da sie nicht drauf steht auch nicht- bzw. es Ärger gibt, weil derjenige inzwischen sehr wohl Zuzahlung zahlen müsste.

    Seitdem versuchen wir, wenn keine Befreiung angekreuzt ist und der Patient kein Dokument über eine Befreiung mit sich führt, diese Zuzahlung einzufordern-- treffen dabei natürlich auf erheblich Widerstand bis hin zu (Gott sei Dank vermutlich) für uns nicht verständlichen Schimpforgien. Wir haben dann immer drauf verwiesen, dass sie sich sonst das Geld beim Sozialamt bzw. der anhängigen Kasse zurück holen sollen- soweit der momentane Stand. Es sind sich aber selbst die Apotheker sehr unsicher, wie nun richtig zu verfahren ist (für PhiPs eine super Situation) und daher wollte ich hier mal anfragen, wie denn der Stand der Dinge ist?

    Für eine Aufklärung bei diesem scheinbar sehr heiklen Thema wäre ich sehr dankbar

    Grüße, Susanne

  2. #2
    Moderator und Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Oliver Scholle
    Registriert seit
    15.12.2010
    Beiträge
    444
    Hallo Frau Sparing,

    allerdings eine knifflige Frage, für deren eingehende Recherche ich zunächst einmal davon ausgegangen bin, dass es um den Geltungsbereich "Sachsen" geht aufgrund ihres Wohnortes...!

    Ich bin mir nicht sicher, ob es eine bundeseinheitliche Vereinbarung gibt, was die Zuzahlungspflicht bei Asylbewerbern angeht. Dagegen spricht, dass an einer Stelle geschrieben steht "die Verträge können zusätzlich von Bundesland zu Bundesland voneinander abweichen" (Infoblatt KV Nordrhein), wobei damit nicht zwangsläufig genau dieser Punkt gemeint sein muss. Des Weiteren gibt es laut Infoblatt von der KV Nordrhein und der KV Sachsen unterschiedliche Angaben zur Zuzahlungspflicht bei Asylbewebern mit einem Aufenthalt <36 Monate. Ich gehe jetzt einfach davon aus, dass es keine bundeseinheitliche Regelung gibt.

    Für den Bereich der KV Sachsen sieht es so aus: Asylbewerber sind derzeit NICHT grundsätzlich von der Zuzahlung bei Verordnungen von Arzneimitteln befreit (Quelle: Infoblatt KV Sachsen). Es wird zwar grundsätzlich bei Asylbewerbern unterschieden zwischen
    a) mit eingeschränktem Leistungsanspruch/ Krankenbehandlungsschein ohne Krankenversichertenkarte (KVK)
    (Aufenthalt < 36 Monate)
    und
    b) mit KVK
    (Aufenthalt > 36 Monate),
    jedoch macht das keinen Unterschied bezüglich der Zuzahlung, die es eben grundsätzlich zu zahlen gilt.
    Es gibt trotzdem die Möglichkeit, dass eine Gebührenbefreiung vorliegt, die vom Amt auf dem grünen Behandlungsschein des Asylbewerbers vermerkt wird. Eingeschränkter Leistungsanspruch bedeutet übrigens, dass grundsätzlich "nur zwingend erforderliche Arzneimittel bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen" erstattet werden, alles weitere muss mit dem zuständigen Amt geklärt werden.
    Es handelt sich hier um die Kategorie der sogenannten "Sonstigen Kostenträger", die die Leistungen übernehmen und deren Bestimmungen in gesonderten Verträgen festgelegt sind.

    Das alles gilt zunächst einmal für den Arzt. Ich finde es nur hilfreich, das als Grundlage zu wissen.

    Was heißt das jetzt für die Apotheke: Meines Erachtens steht rechtlich der Arzt in der Pflicht, diese Angaben ordnungsgemäß auf der Verordnung zu machen. Er wird im Falle der Falschangabe von seiner KV in die Pflicht genommen. Die Apotheke sollte hier nicht in der Prüfpflicht stehen.

    Sie handeln also meines Erachtens richtig, was das Verhalten bei "Geb.Pfl." angeht, indem Sie nach den Dokumenten fragen, wenn die Person die Zuzahlung nicht bezahlen will. Mit ihrer bisherigen Vorgehensweise, bei "Asyl" ungeachtet des Status keine Zuzahlung zu fordern, lagen Sie offenbar nicht richtig, aber darum soll es jetzt nicht gehen - wir schauen nach vorne

    In einer Apotheke, in der ich gearbeitet habe, hatte der Leiter vorgegeben, den Schein/ die Karte bezüglich der Krankenversorgung in solchen Fällen zu kopieren und die Kopie ans Rezept zu heften. Falls Probleme bei der Abrechnung solcher Rezepte auftraten bzw. zu befürchten sind, kann man so etwas theoretisch in Erwägung ziehen.

    Ich hoffe hiermit übersichtlich zur Aufklärung beigetragen zu haben und wünsche Ihnen frohes Vermitteln der Information,
    Oliver Scholle

    Hinweis: Bevor ihre Frage in "Richtig Taxieren" verschoben wurde, hatte ich mich bereits an die Beantwortung gemacht. Ich freue mich aber über weitere Anmerkungen/ Ergänzungen/ Hinweise.
    Ihr Moderator und Experte im Forum Pharmazeutische Praxis
    Rechtlicher Hinweis: Die hier eingestellten Kommentare geben die persönliche Meinung des Beitragstellers wieder und haben keinerlei rechts- empfehlenden oder rechtsbindenen Charakter.

  3. #3
    Premium-User Avatar von Anja Waldner
    Registriert seit
    14.09.2011
    Beiträge
    6
    Hallo.

    Wir handhaben es bisher so, das, wenn "Zuzahlungspflichtig" angekreuzt ist, wir kurz beim Sozialamt anrufen und nachfragen, ob er/ sie zuzahlen muss oder doch befreit ist. Wir haben extra eine Ansprechpartnerin, die genau für diese Fragen da ist, damit man sich nicht jedesmal durchfragen muss.
    Vielleicht wäre das ja auch eine Option? So häufig kommt es, zumindestens bei uns, nicht vor.

    Liebe Grüße, Anja.

  4. #4
    Premium-User Avatar von Andy Werner
    Registriert seit
    09.04.2011
    Ort
    Leipzig
    Beiträge
    13
    Auszug aus dem Weißen Handbuch (Sachsen)

     Asylbewerber
    Es sind zwei Gruppen von Asylbewerbern zu unterscheiden:
    1. Asylbewerber, die länger als 36 Monate in Deutschland sind, erhalten Sachleis-
    tungen zur Behandlung durch eine Krankenkasse. Diese Asylbewerber unterlie-
    gen den üblichen Zuzahlungsregelungen des SGB V.

    2. Asylbewerber, die sich erst kürzere Zeit in Deutschland aufhalten, werden von
    den Sozialämtern der Landkreise und kreisfreien Städte versorgt. Diese Perso-
    nengruppe erhält von den Behörden einen Behandlungsschein, der auch die Zu-
    zahlungsbefreiung beinhaltet
    . Der Arzt hat das Rezept entsprechend anzukreu-
    zen und als Kostenträger das entsprechende Sozialamt anzugeben. Sollte bei
    Asylbewerbern der zweiten Gruppe der Befreiungsvermerk fehlen, sollten Sie ge-
    gebenenfalls mit der Arztpraxis Rücksprache nehmen.

Stichworte

Lesezeichen

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •