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Thema: Parkinson -mit Vorsicht anzuwendende Medikamente

  1. #1
    Premium-User Avatar von Michael Desing
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    Parkinson -mit Vorsicht anzuwendende Medikamente

    Guten Tag,

    folgende Medikamente können anscheinend selten ein Parkinson-Syndrom induzieren bzw es verschlechtern: SSRI ( Citalopram, Fluoxetin, Sertralin ), Metoclopramid, Valproat, Ciclosporin - es finden sich allerdings kaum Hinweise in deren Fachinfos. Wie ist das klinisch zu bewerten? Könnte man sie als "relativ kontraindiziert"/"nur mit Vorsicht anzuwenden" bei Parkinson einstufen? Bei den SSRI wohl eher nicht? Quelle der Info: Frank Block, Christian Prüter: Medikamentös induzierte neurologische und psychiatrische Störungen, Springer 2006

    Vielen Dank für Ihre Mühe!

    Herzliche Grüße

    Michael Desing

  2. #2
    Moderatorin Avatar von Maike Noah
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    Hallo Herr Desing,
    Zitat Zitat von Michael Desing Beitrag anzeigen
    es finden sich allerdings kaum Hinweise in deren Fachinfos.
    Hm, also bei MCP, dem Lehrbuch-Beispiel für EPS als NW und KI bei Parkinson findet sich in der Fachinformation viel:
    Ich habe exemplarisch und willkührlich MCP Hexal herausgegriffen.
    1.1 Welche Eigenschaften hat das Arzneimittel?
    Die unerwünschten Wirkungen bestehen hauptsächlich in extrapyramidalen Symptomen (unwillkürliche krampfartige Bewegungen), denen der Dopaminrezeptoren-blockierende Wirkungsmechanismus von Metoclopramid im ZNS zugrunde liegt.

    2.1 "MCP Hexal Tropfen" darf nicht eingenommen werden,
    ...- Patienten mit Störungen des natürlichen Bewegungsablaufes (extrapyramidalmotorischen Störungen).

    2.2 Besondere Vorsicht bei der Einnahme von "MCP Hexal Tropfen" ist erforderlich
    Dystonisch-dyskinetische Bewegungsstörungen treten unter der Anwendung von Metoclopramid häufiger bei Patienten unter 30 Jahren auf.
    Parkinsonismus tritt bei älteren Patienten häufiger auf.

    2.3 Welche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind zu beachten?
    Anticholinergika können die Wirkung von "MCP Hexal Tropfen" vermindern.

    Bei gleichzeitiger Gabe von "MCP Hexal Tropfen" und Neuroleptika (wie z.B. Phenothiazine, Thioxanthenderivate, Butyrophenone) können verstärkt extrapyramidale Störungen (z.B. Krampferscheinungen im Kopf-, Hals-, Schulterbereich) auftreten.

    Bei gleichzeitiger Gabe von sogenannten "Serotonin-Wiederaufnahmehemmern" (Arzneimittel zur Behandlung von Depressionen) kann es ebenfalls zu verstärktem Auftreten von extrapyramidalen Symptomen bis hin zu einem sogenannten "Serotonin-Syndrom" (u. a. charakterisiert durch Veränderungen des Geisteszustandes wie Verwirrtheit, Erregtheit, unkoordinierte Bewegungen, Zittern, Durchfall und Fieber) kommen.

    3.1 Art und Dauer der Einnahme
    Bei längerer Behandlung mit Metoclopramid besteht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Bewegungsstörungen (siehe Abschnitt 4."Welche Nebenwirkungen sind möglich?").

    4 Welche Nebenwirkungen sind möglich?
    selten: weniger als 1 von 1 000, aber mehr als 1 von 10 000 Behandelten
    - dyskinetisches Syndrom, vorwiegend bei Kindern (unwillkürliche krampfartige Bewegungen, besonders im Kopf-, Hals- und Schulterbereich). Diese Nebenwirkung äußert sich z.B. als Blickstarre nach oben oder zur Seite, Verkrampfung der Gesichts- oder der Kaumuskulatur, Vorstrecken der Zunge, Verkrampfung der Schlund- und Zungenmuskulatur, Schiefhaltung oder Verdrehung des Kopfes und des Halses, Überstrecken der Wirbelsäule, Beugekrämpfe der Arme, selten Streckkrämpfe der Beine (Gegenmittel: Biperiden i.v.),
    - Parkinsonismus (charakteristische Zeichen: Zittern, Muskelsteifheit, Bewegungshemmung) und Spätdyskinesien (Bewegungsstörungen) bei älteren Patienten nach Langzeitbehandlung,
    Soweit schon einmal ein erster Kommentar.
    Dr. Brüggmann wird hierzu sicher noch viel mehr berichten können.

    Beste Grüße
    Maike Noah
    Maike Noah, Apothekerin

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  3. #3
    Premium-User Avatar von Michael Desing
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    Hallo Frau Noah,

    danke für die ausführlichen Hinweise, das hatte ich auch gesehen, es findet sich jedoch kaum ein expliziter Hinweis "relativ/ kontraindiziert bei Parkinson"/"Vorsicht bei Parkinson" o.ä. - deshalb wollte ich auch hier noch einmal nachhaken bzgl. klinischer Relevanz/Einordnung in eine Kontraindikationsdatenbank, aber da Parkinson eine "extrapyramidale Krankheit" ( Pkt 2.1 ) ist, haben Sie im Falle MCP recht, das hatte ich überlesen. Wäre dann wohl "kontraindiziert bei Parkinson" . Sorry, das war nicht gründlich recherchiert von mir.

    Viele Grüße

    Michael Desing

  4. #4
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    Hallo Herr Desing,

    vielleicht helfen Ihnen der folgende Artikel und das daraus entnommene Zitat zur Einschätzung der Gefahr von Wechselwirkungen weiter:

    http://www.pharmazeutische-zeitung.d...e=1&sword_list[0]=serotonerges&sword_list[1]=syndrom

    >>Wegen der Gefahr eines Serotonin-Syndroms sind Kombinationen von SSRI, SNRI und MAO-Hemmern kontraindiziert. Auch von der Kombination mit Linezolid oder Methylenblau rät die FDA ab beziehungsweise empfiehlt eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung.

    Die Gefahr einer zeitgleichen Einnahme von SSRI oder SNRI und Triptanen wurde dagegen lange überbewertet. Das Risiko wird heute als sehr gering eingeschätzt, teilte die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) kürzlich mit. Wegen der unterschiedlichen Metabolisierung der Triptane dürfte das Risiko für ein Serotonin-Syndrom unter Eletriptan, Naratriptan und Frovatriptan bei gleichzeitiger Einnahme von SSRI oder SNRI am geringsten sein, so die Fachgesellschaft. Dennoch sollten die Patienten sorgfältig ärztlich begleitet werden.<<

    Beste Grüße. Arnika

  5. #5
    Moderatorin Avatar von Maike Noah
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    Hallo arnika,
    ich denke nicht, dass es hierbei um das Serotininsindrom geht, wodurch die Erkrankung Parkinson verschlechtert wird.
    Da sich Dr. Brüggmann offentsichlich absolut gar nicht zu diesem Thema äußern möchte, verschiebe ich diese Frage in den Kompetenzbereich von Frau Dr. Kresser. Sie weiß sicher noch spannendes zu ergänzen.

    Beste Grüße
    Maike Noah
    Geändert von Maike Noah (19.01.2013 um 08:54 Uhr)
    Maike Noah, Apothekerin

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  6. #6
    Premium-User Avatar von Julian Eisenbach
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    Die Problematik MCP und Parkinson-Patienten wird m.E. eines der Themen für das hoffentlich irgendwann auch in Deutschland implementierte System des Medikationsmanagements.

    MCP als (auch) zentral wirksamer Dopamin Antagonist ist bei einem an Morbus Parkinson erkrankten Patienten natürlich fehl am Platz. Man weicht daher besser auf Domperidon aus, weil dieses bekanntlich nicht die Blut Hirn Schranke überwinden kann. Und noch besser, man überprüft die Einnahmezeitpunkte und -modalitäten der Parkinsonmedikamente, womit man die Übelkeit häufig deutlich reduzieren kann.

    Die Problematik bei SSRI, Valproat und Ciclosporin ist mir neu.

  7. #7
    Premium-User Avatar von Michael Desing
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    Hallo Herr Eisenbach,
    da bin ich ganz Ihrer Meinung, allerdings hat die Alternative Domperidon bei Übelkeit etc eine QT-Zeit Verlängerung als Nebenwirkung, die unter Umständen auch Probleme machen kann ( Interaktionen...)...so ist es manchmal nicht ganz einfach...aber natürlich sollte man erst nach den Parkinsonmedikamenten schauen...

    Herzliche Grüße nach Braunschweig

    Michael Desing

  8. #8
    Premium-User Avatar von Dr. Juliane Kresser
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    Hallo Herr Desing, sorry für mein spätes Einschalten...hatte viel um die Ohren.
    Wenn ich mir Ihre Frage und alle Kommentare durchlese, so möchte ich als erstes Frau Noahs Aussage bestätigen, dass bei der Suche nach Hinweisen zu Nebenwirkung oder sogar KI nicht nur explizit nach "Parkinson-Symptomen“ gesucht werden sollte, sondern auch nach extrapyramidalen oder extrapyramidal-motorischen Symptomen oder nur Tremor.

    Erste Hinweise auf kontraindiziert, bzw. relativ kontraindiziert gibt schon mal diese Liste:
    http://www.parkinson-web.de/content/...index_ger.html
    Medikamente, welche Parkinson-Symptome auslösen oder verschlechtern können (nicht müssen!)

    Mittel gegen Psychosen (z.B. Haloperidol, Perphenazin, Fluspirilen)
    Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen (z.B. Metoclopramid)
    Mittel gegen Schwindel (z.B. Sulpirid)
    zentral wirksame Mittel gegen hohen Blutdruck (z.B. Reserpin)
    Kalzium-Kanalblocker (z.B. Flunarizin, Cinnarizin)
    Lithium
    Mittel gegen Epilepsie (z.B.Valproat)
    Schmerzmittel (z.B. Indometacin)
    Antibiotika (z.B. Aminoglykoside)
    Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) der ersten Generation (z.B. Fluvoxamin)
    Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen ( z.B. Amiodaron)


    In dem Buch Parkinson-Syndrome: "Grundlagen, Diagnostik und Therapie" von Johannes Schwarz,Alexander Storch
    ...bestätigt sich auch der Hinweis von Herrn Eisenbach, statt des MCP ´s besser auf das peripher wirkende Domperidon auszuweichen.
    Auf Seite 224 finden Sie nochmals eine Liste der Medikamente mit Anwendungsbeschränkung oder Kontraindikation bei Parkinson.
    Siehe:
    http://books.google.de/books?id=ZVcR...iziert&f=false

    Metoclopramid, Valproat sind demnach auf der Kandidatenliste schwierig bis kontraindiziert. Für Ciclosporin hab ich keine Einschränkung gefunden.....und bei den SSRI teilen sich die Geister. Von einer Kontraindikation der SSRI bei Parkinson kann man nicht reden, aber von Verdachtsfällen der Verschlechterung der Symptomatik. Aber lesen sie selbst in den nachfolgenden Studienergebnissen:


    http://www.medical-tribune.de/home/n...epression.html
    Parkinson: SSRI und SNRI wirken bei Depression
    Wenn Parkinsonpatienten unter Depressionen leiden, scheinen SSRI und SNRI gut zu wirken. Eine Verschlechterung der Motorik ist nicht zu befürchten.


    http://www.gfi-online.de/artikel/8796
    In allen fünf Fällen, in denen eine Zunahme der Parkinson-Symptome dokumentiert wurde, waren gegen depressive Symptome eingesetzte SSRI beteiligt, d.h. bei fast 10% aller mit SSRI behandelten Patienten.
    Auch der MAO-B-Hemmer Selegilin könnte beteiligt sein. Bei 80% (4 von 5) der zusätzlich zur SSRI-Therapie mit Selegilin behandelten Patienten hatten sich die motorischen Funktionen verschlechtert. Dies traf nur auf 26% (14 von 53) der ausschließlich mit SSRI behandelten Patienten zu.

    http://www.aerzteblatt.de/nachrichte...tiver-als-SSRI
    Die Ergebnisse waren eindeutig. Eine Vollremission, definiert als eine Verbesserung in der Hamilton Depression Rating Scale um mindestens 50 Prozent, wurde unter Paroxetin von 11 Prozent der Patienten erreicht. Das war weniger als im Placebo-Arm der Studie (24 Prozent).

    Unter dem trizyklischen Antidepressivum Nortriptylin erreichten 53 Prozent eine Vollremission der Depressionen.


    http://www.zns-spektrum.com/1998-1/ZNS_Wie_riskant.htm

    Wie riskant sind Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) für Parkinson-Kranke?

    USA. Eine Umfrage von I. H. Richard und R. Kurlan, an der sich 49 Parkinson-Forscher beteiligten, läßt aufhorchen. Immerhin 43 Prozent der antwortenden Experten gaben an, daß ihnen die Frage Sorge bereitet, ob SSRI die Motorik von Parkinson-Kranken verschlechtern können. 37 Prozent gaben sogar an, daß sie zumindest einen Patienten kennen, von dem sie annehmen, daß es bei ihm zu der genannten Komplikation gekommen ist. Ursächlich für ein solches Problem könnte nach Ansicht der Autoren eine durch Serotonin vermittelte verringerte Ausschüttung von Dopamin sein.
    Die beteiligten Parkinson-Experten behandelten zum Zeitpunkt der Befragung rund 23.410 Parkinson-Kranke. Von diesen wurden aktuell 26 Prozent mit Antidepressiva behandelt, überwiegend mit SSRI (51 Prozent), gefolgt von trizyklischen Antidepressiva (41 Prozent).

    Angesichts der erheblichen Unsicherheit vieler Experten fordern die Initiatoren der Befragung, dem Problem der Verträglichkeit von Antidepressiva für Parkinson-Kranke anhand kontrollierter Studien gezielt nachzugehen.


    Ganz herzliche Grüße
    JK
    Geändert von Dr. Juliane Kresser (09.02.2013 um 21:07 Uhr)

  9. #9
    Premium-User Avatar von Michael Desing
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    Hallo Frau Dr. Kresser,
    ganz herzlichen Dank für die große Mühe!! Das ist ja sehr ausführlich geworden, worüber ich mich sehr freue!!
    Die "Problematik" (?) der SSRI in diesem Bereich scheint interessant zu sein...

    Herzliche Grüße

    Michael Desing

  10. #10
    Premium-User Avatar von Michael Desing
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    Hallo Frau Dr. Kresser,
    doch noch ein Nachtrag: SSRI sind bei Parkinson anscheinen wirklich nicht so effektiv ( Einstufung als wenig wirksam bei Parkinson ), außerdem können sie Tremor und Übelkeit ( Nebenwirkung L-Dopa ) verstärken...Pramipexol soll ja auch antidepressive Wirkungen haben.
    Interessant sind Ca-Antagonisten - während Flunarizin und Cinnarizin bei Parkinson kontraindiziert sind und auch Beinödeme als L-Dopa Nebenwirkung verstärken, scheinen manche evtl. das Risiko an Parkinson zu erkranken zu vermindern(????) ( http://www.neurology.org/content/70/...t_2/1438.short ). Opioide können auch negative Effekte haben, in dem sie die Muskulatur zusätzlich versteifen und das Atmen (?), Abhusten behindern. Moxonidin und Clonidin sind evtl auch mit Vorsicht anzuwenden ( Hemmung GI-Propulsion??, fehlende Erfahrung (?) lt Fachinfo bei Moxonidin, depressive NW ).

    Herzliche Grüße

    Michael Desing

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