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Thema: Bürgische Regel

  1. #1
    Premium-User Avatar von Cristina Davidoglu
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    Bürgische Regel

    Schönen guten Abend!

    ich habe in einem Skript mal von der "Bürgischen Regel" gelesen. Soll irgendwas mit einem überadditiven Effekt bei einer Kombination von 2 Arzneistoffen (ASS + Paracetamol) und weniger Nebenwirkungen. Habe aber nichts in einem Buch gefunden und würde gerne bissl mehr dürber wissen.

    Vielen Dank im Voraus!

    Cristina Davidoglu.

  2. #2
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Cool Dr. Bürgisch = eminenz-basierte Medizin

    Hallo,

    der Begriff stammt von einem Mitarbeiter der Firma Thomae (Dr. Bürgisch), der festgestellt hat, dass die Kombi in Thomapyrin am besten wirkt und praktisch durch den überadditiven effekt keine NW hat...!
    ;-)

    Nein ernsthaft... - habe nie etwas davon gehört ... allerdings: Einen synergistischen Wirkeffekt kann man nicht ganz von der Hand weisen.
    In der Fachinfo von solchen Kombipräparaten wird hierzu ausgeführt:
    "..Acetylsalicylsäure und Paracetamol besitzen
    verschiedene sich ergänzende Wirkungsmechanismen
    und eine in etwa gleiche
    Wirkdauer. In verschiedenen Tierversuchen
    ist eine additive Wirkung für Analgesie und
    bei Hyperthermie belegt. In einer human
    pharmakologischen Untersuchung konnte
    experimentell eine additive analgetische
    Wirkung bestimmt werden. Die relative analgetische
    Wirkungsstärke der Kombination
    von Acetylsalicylsäure, Paracetamol und
    Coffein wird in verschiedenen Studien zwischen
    1,3 und 1,7 gegenüber der gleichen
    Menge ASS/Paracetamol (je 1) angegeben
    und führt zu einer entsprechenden Einsparung
    analgetischer Substanz. Die Zeit bis
    zum Eintritt der analgetischen Wirkung des
    Paracetamols wird durch Coffein in verschiedenen
    Studien um 19 ? 45 % (Mittelwerte
    der Studien) verkürzt. Die Zeit bis zum Erreichen
    der maximalen analgetischen Wirkung
    der Acetylsalicylsäure wird durch Coffein im
    Verhältnis auf die Hälfte gekürzt."

    Beste Grüße

    Dr. Alexander Ravati
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

    Apotheker, Ihr Experte im Forum Spezielle Rechtsgebiete und Pharmazie
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  3. #3
    Premium-User
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    Ich habe zu der Kombination mit Coffein eine Frage: Sie haben aus der Fachinfo zitiert, dass das Coffein den Wirkeintritt der Schmerzmittel schneller herbeiführt. Ist das der einzige Sinn und wie macht das das Coffein? Ich habe mir so für mich überlegt, da ich dazu keine Antwort finden konnte, ob das vielleicht so ähnlich ist wie bei den Opioiden mit dualem Wirkmechanismus: Coffein ist durch den Adensosin-Antagonismus zentralstimulierend, da vermehrt Neurotransmitter ausgeschüttet werden. Das könnte ja wie die NA-Reuptake-Hemmung die Schmerzhemmung durch ableitende Bahnen fördern...

    Könnte das sein oder bin ich da auf dem Holzweg?

    Oh und Google hat mir zu Bürgi was ausgespuckt:

    http://www.iah-online.com/cms/docs/doc44362.pdf auf Seite 20:

    "Bürgi’sches Prinzip, 1932

    Der Effekt zweier Substanzen, die zu derselben Änderung der
    Funktion führen oder dieselben Symptome beseitigen, addieren
    sich, wenn sie dieselbe – und potenzieren sich, wenn sie
    verschiedene pharmakologische Angriffspunkte haben."
    Geändert von alaun (24.08.2014 um 14:46 Uhr)

  4. #4
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Christoph Behrendt
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    Zitat: "Der Effekt zweier Substanzen, die zu derselben Änderung der
    Funktion führen oder dieselben Symptome beseitigen, addieren
    sich, wenn sie dieselbe – und potenzieren sich, wenn sie
    verschiedene pharmakologische Angriffspunkte haben."
    Halte ich für obsolet, da zum Beispiel die Kombi aus niedrigpotentem und hochpotentem Opioid durch antagonisierende Effekte zu einer Wirkungsverminderung (bezogen auf das hochpotente) führt.
    Was heißt dann bei verschiedenen pharmakologischen Angriffspunkten potenzieren? Wirksynergismus? Auch das ist nicht allgemein gegeben, sondern eher die Ausnahme (manche Antibiotika z.B.). Aber da Herr Ravati diese Regel auch nicht kennt, merken Sie schon, dass Sie wohl keine Relevanz hat.

    Wie Coffein als Adjuvanz den schmerzhemmenden Effekt von Paracetamol und ASS genau beschleunigt oder verstärkt ist nicht vollständig und sicher aufgeklärt. Ich zitiere einfach mal einen Teil eines (allerdings schon 2007) erschienenen Artikel der PZ (Ausgabe 4):
    "Häufig werden auch fixe Kombinationen, zum Beispiel ASS und Paracetamol mit Coffein, bei Kopfschmerzen vom Spannungstyp und bei leichten bis mittelschweren Migräneattacken verwendet. Diese Kombination hat sich in klinischen Studien als besonders wirksam erwiesen.
    Eine multizentrische klinische Studie in Deutschland mit 1743 Patienten zeigte, dass Migräne und Kopfschmerzen vom Spannungstyp wirksam und gut verträglich mit zwei Tabletten einer fixen Kombination aus 250 mg ASS, 200 mg Paracetamol und 50 mg Coffein behandelt werden können. Die Kombination war statistisch signifikant wirksamer als gleich große Mengen der Einzelsubstanzen oder die Zweierkombination aus Paracetamol und ASS. Eine in den USA durchgeführte Studie verglich die Wirkung der Kombination aus 250 mg ASS, 250 mg Paracetamol und 65 mg Coffein (zwei Tabletten) mit der von 400 mg Ibuprofen bei akuter Migräne. Auch hier war das Kombipräparat überlegen. Ebenso bestätigte eine Studie mit diesem Präparat versus 50 mg Sumatriptan die gute Wirksamkeit der Coffein-haltigen Kombination zur Behandlung der Migräne. Das Ergebnis ist besonders bedeutend für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, da hier Triptane kontraindiziert sind.
    In den drei zitierten Studien wurden Fertigarzneimittel mit ASS, Paracetamol und Coffein, aber unterschiedlichen Mengen von Coffein (und Paracetamol) verwendet. Bei der deutschen Studie wurden zwei Tabletten mit je 50 mg Coffein eingesetzt, während bei den beiden Studien in den USA zwei Tabletten mit je 65 mg Coffein verwendet wurden. Eine Betrachtung der pharmakokinetischen (Bioverfügbarkeit 100 Prozent, Verteilungsvolumen 0,7 l/kg) und pharmakodynamischen Werte (IC50-Werte) zeigt, dass 50 mg Coffein ausreichen, um in vitro die COX zu hemmen (IC50 42,5 µM) und den Adenosin-A1-Rezeptor zu blockieren (IC50 107 µM).
    Coffein ist ein adjuvantes Analgetikum. Daher beschäftigten sich verschiedene Arbeitsgruppen in den letzten Jahren mit dessen Wirkmechanismen im Schmerzgeschehen. Untersuchungen an Versuchstieren und Zellkulturen sprechen dafür, dass Coffein verschiedene biochemische Mechanismen beeinflusst, die eine analgetische Wirkung hervorrufen können. Diese multifaktorielle Wirkung ist bedeutungsvoll, da die Migräne heute als Erkrankung mit neurogenen und vaskulären Komponenten angesehen wird.
    Zellbiologische Untersuchungen an Microglia erbrachten den Nachweis, dass Coffein wie ASS die Prostaglandin-Synthese blockiert, allerdings nicht durch Hemmung der Aktivität der Cyclooxygenasen, sondern durch Hemmung der Neusynthese der COX-2. Es handelt sich also um einen anderen Angriffsort in der Schmerzkaskade.
    Wie bereits beschrieben, ist Coffein ein Antagonist an den Adenosin-Rezeptoren. Dadurch könnte es die schmerzstimulierende Wirkung von Adenosin durch Aktivierung der Adenosin-A2A-Rezeptoren auf spinaler Ebene unterbinden. Allerdings konnte nach lokaler Applikation kein antinozizeptiver Effekt nachgewiesen werden, da Coffein gleichermaßen die schmerzstimulierenden A2A- und die schmerzhemmenden A1-Rezeptoren blockiert (10). Eine antinozizeptive Wirkung wird jedoch supraspinal durch Blockade von präsynaptischen Adenosin-Rezeptoren erreicht (siehe Abbildung 2).
    Ein weiterer Mechanismus, der möglicherweise zur Wirksamkeit von Coffein beiträgt, ist die Modulation des dopaminergen/adrenergen Systems. Coffein verstärkt den Turnover von Noradrenalin in verschiedenen Hirnregionen. Diese Wirkung kann durch Blockade hemmender nervaler Einflüsse an Neuronen im Locus coeruleus hervorgerufen werden oder auf der Blockade der Adenosin-A1-Rezeptoren an noradrenergen Neuronen beruhen. Die Beteiligung dieses Mechanismus an der schmerzhemmenden Wirkung wurde kürzlich in vitro gezeigt. Die Kombination aus ASS, Paracetamol und Coffein hemmte die Dopaminfreisetzung an Striatumschnitten der Ratte, während gleichzeitig die Noradrenalinfreisetzung verstärkt wurde. Die Modulation des katecholaminergen Systems im Striatum könnte zur verstärkten analgetischen Wirkung der Kombination aus ASS, Paracetamol und Coffein beitragen.
    Veränderungen des zerebralen Blutflusses können direkt durch die Xenon-Clearance oder indirekt durch Messung der mittleren arteriellen Fließgeschwindigkeit mit der transcranealen Doppler-Technik erfasst werden. Vergleichende Untersuchungen hinsichtlich Coffein-induzierter Veränderungen des zerebralen Blutflusses und der mittleren zerebralen Fließgeschwindigkeit zeigten, dass Coffein den Durchmesser zerebraler Gefäße und dadurch den zerebralen Blutfluss und die Fließgeschwindigkeit vermindert. Seine analgetische Wirkung bei vasomotorisch bedingten Kopfschmerzen wird zum Teil darauf zurückgeführt.
    Unabhängig von den zellbiologisch-pharmakodynamischen Wirkmechanismen gibt es Hinweise, dass Coffein die Resorptionsgeschwindigkeit von Paracetamol und die Bioverfügbarkeit von ASS nach oraler Einnahme erhöht.
    Die in Zellkulturmodellen und tierexperimentellen Untersuchungen erhobenen Befunde können als experimentelle Basis zum Verständnis der in klinischen Studien gezeigten verbesserten Wirkung der Kombination nicht-opioider Schmerzmittel mit Coffein gegenüber den Monosubstanzen ASS und Paracetamol oder Ibuprofen herangezogen werden. Inwieweit diese oder weitere Wirkmechanismen des Coffeins in der Schmerzlinderung beim Menschen eine Rolle spielen, muss noch geklärt werden."

    Neueres konnte ich adhoc nicht finden.
    Dr. Christoph Behrendt, Apotheker, Ihr Experte im Forum Pharmazeutische Chemie (v,a, Hauptstudium)
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  5. #5
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    Vielen Dank für Ihre Antwort Gut zu wissen, dass auch das zu den ungeklärten Dingen in der Pharmakologie zählt und ich nichts verpasst habe.

    Mit den schwachen und starken Opioiden haben Sie natürlich Recht. Diese Widersprüchlichkeit hätte mir schon auffallen können...

  6. #6
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Cool

    "Bürgi?sches Prinzip, 1932

    Wie man sieht sind wir hier im Forum immer auf dem neuesten Stand... ;-)
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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