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Thema: 100er Regel Defekturherstellung

  1. #1
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    100er Regel Defekturherstellung

    Hallo zusammen,

    ich habe folgende Frage zur 100er-Regel im Rahmen der Defekturherstellung:

    Beziehen sich die 100 abgabefertigen Packungen auf eine bestimmte Inhaltsmenge mit xy-Gramm pro Defekturgebinde oder beziehen diese sich mengenunabhängig auf die Sorte des Defekturarzneimittel allgemein?

    Als Beispiel: Ist es möglich von einer Olivenölhandcreme insg. nur 100 Stück pro Tag herzustellen, unabhängig davon ob es sich um 50, 100 oder 200g handelt oder können jeweils 100 Stück hergestellt werden, wenn diese sich in ihren Abmessungen unterscheiden 50,100,200g, vorausgesetzt, dass der Arzt häufig 50g, 100g und 200g verschreiben würde?

    Ich bin § 1a Absatz 9 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nicht zu 100 Prozent schlau geworden und hoffen Sie können hier Licht ins Dunkel bringen.

    Vielen Dank.

    Belinda Herrmann

  2. #2
    Guten Tag Frau Herrmann,

    nach meinem Verständnis müsste man jede von Ihnen genannte Menge als ein Arzneimittel betrachten.
    Aber wie so oft im Leben, könnte man diese Vorschrift ja auch anders interpretieren.
    In 34 Jahren bin ich als Amtsapotheker mit dieser, oder einer ähnlichen Frage, noch nicht konfrontiert worden.

    Ich empfehle Ihnen daher, diese Frage Ihrer Überwachungsbehörde vorzulegen. Sollten die das anders sehen und bei einer Kontrolle feststellen, dass Sie zahlreiche Gebinde hergestellt haben und vorrätig halten, müsste man Ihnen eine Straftat wegen Verstoßes gegen § 96 i.V.m. § 21 AMG unterstellen.
    Den Ärger möchte ja keiner.

    Mit den besten vorweihnachtliche Wünschen
    verbleibe ich mit kollegialen Grüßen

    Hans-Ulrich Thielmann

  3. #3
    Kompetenz-Manager Avatar von Lars Frohn
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    Hallo zusammen,

    Herr Thielmann liegt natürlich richtig, die 100er Regel gilt für jedes Fertigarzneimittel, also für jede Größe. ABER: eine Olivenölhandcreme ist KEIN Arzneimittel (§1a (9) Ein Defekturarzneimittel ist ein Arzneimittel, das......) daher ist die 100-er Regel hier nicht anwendbar! Sie müssen vielmehr die EU-Kosmetik-Verordnung (1223/2009) und auch die Deutsche Kosmetik VO beachten, die z.B. Kennzeichnungspflichten und Anzeigepflichten als Inverkehrbringer regelt.

    Beste Grüße.
    Apotheker (u. Dozent der Ravati Seminare im Fach "Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker"),
    Ihr Moderator im gesamten Kompetenz-Forum und Experte in den Foren zum Thema Recht,
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  4. #4
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Hallo zusammen,

    ich würde mich meinen beiden geschätzen Kollegen zwar anschließen, aber noch etwas WICHTIGES ergänzen.
    Ob eine Olivenhandcreme ein AM ist oder nicht, können Sie (als Hersteller!) SELBER entscheiden. Warum?
    Def. § 2 AMG bietet zwei Möglichkeiten (die eine ODER-Regel darstellen)
    1. Funktions-AM (pharmakol., metabol. oder immunol. Wirkung) --> kommt hier NICHT in Frage
    2. Präsentations-AM (zur Behandlung von krankheiten etc.) --> kommt in Frage :-)!
    Also: ist eine Frage der Deklaration / Kennzeichnung
    A) Sie schreiben drauf : "Zur Pflege..." --> dann gilt die Antwort von Herrn Frohn 1:1 (s.o.). Das ist zwar möglich, aber erscheint mir (sorry..) aufgrund Ihrer / Apothekerlichen Inkompetenz auf diesem Gebiet schwer realisierbar (ist zudem aufwendig).
    B) Sie machen AM (!) - Rezepturen / Defekturen (als Präsentations-AM inkl. aller üblichen qualitativen Anforderungen nach AM- und Apothekenrecht), aber wenn Sie (und darauf zielte ja Ihre Frage) Defektur-AM herstellen wollen, brauchen Sie dafür NACHWEISLICH häufige(!) ärztliche Verschreibungen! - Haben Sie die..? Bekommen Sie diese..?
    Geändert von Dr. Alexander Ravati (22.12.2023 um 08:56 Uhr)
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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  5. #5
    Kompetenz-Manager Avatar von Lars Frohn
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    Hallo zusammen,

    um Dr.Ravatis Hinweis der Anforderungen bei Rezepturen/Defekturen nochmal klarzustellen: Sie benötigen - wenn Sie die Handcreme als Rezeptur/Defekturarzneimittel herstellen wollen, für die Ausgangsstoffe Prüfzertifikate (Identität, Reinheit, Gehalt). Da es diese bei "Kosmetikagrundlagen" meistens nicht gibt, ist eine Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln ausgeschlossen!

    Beste Grüße.
    Apotheker (u. Dozent der Ravati Seminare im Fach "Spezielle Rechtsgebiete für Apotheker"),
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  6. #6
    Kompetenz-Manager Avatar von Dr. Alexander Ravati
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    Hallo zusammen,

    sehr riiiiichtig. Das meinte ich auch mit "...aller üblichen qualitativen Anforderungen des AM- und Apothekenrechts"!
    Bei Kosmetika zur Verwendung in der AM-Herstellung haben Sie grundsätzlich 2 Möglichkeiten
    1. es gibt Prüfzertifikate --> dann reicht eine Identitätsprüfung i.d.R. aus (hierzu bekommen Sie i.d.R. Vorschriften der Hersteller)
    2. ein gibt keine Prüfzertifikate --> dann müssten Sie Identität, Reinheit UND Gehalt prüfen --> Dafür werden Sie i.d.R. keine anerkannten Vorschriften finden und dann wäre die Herstellung ausgeschlossen (wie von Herrn Frohn sehr deutlich klargestellt)
    ABER: ich hatte Sie so verstanden, dass Sie das komplett selber herstellen wollen. Tipp dafür Caelo (und andere Lieferanten) haben Olium olivarum sehr wohl in Arzneibuch-Qualität https://www.caelo.de/suche.html?show..._button=Suchen .
    Das könnten Sie ggf. verwenden :-)

    Anhang 414
    Beste Grüße, Ihr Dr. Alexander Ravati,

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  7. #7
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    Hallo zusammen,

    vielen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen. Die Olivencreme war nur ein allgemeines, anscheinend nicht sehr gut gewähltes Beispiel. Mir ging es primär um die Frage, ob sich die 100 Stück Regelung summiert auf alle Packungsgrößen bezieht oder man 100 Stück pro Packungsgröße herstellen kann.

    LG
    Belinda

  8. #8
    Allen Diskutanten noch alles Gute für das neue Jahr

    Bei der bisher geführten Diskussion ging ich natürlich davon aus, dass es sich um ein AM handelt und nicht um ein Kosmetikum - auch wenn das von Frau Herrmann beschriebene Beispiel die Gedanken in die eine oder andere Richtung schweifen lässt.
    Sollten in der Apotheke statt AM Kosmetika hergestellt werden, lägen ja sofort andere Probleme auf dem Tisch:
    Kosmetika sind einer anderen Warengruppe zuzuordnen, die letztendlich unter die Kosmetikverordnung fällt. Diese Warengruppe wäre von den Herstellungsvorschriften der ApBetrO nicht erfasst. Auch wäre deren Herstellung durch die Gewerbemeldung für eine Apotheke nicht erfasst. Also müsste bei der zuständigen Ordnungsbehörde eine getrennte Gewerbemeldung erfolgen.
    Dies hätte aber wiederum zur Folge, dass die Herstellung von Kosmetika nicht in den Apo.-Betriebsräumen erfolgen dürfte. §4 Abs. 1 Nr. 1a sollte einschlägig sein.
    Hinsichtlich der Überwachung - bei uns wird ja bekanntermaßen fast alles überwacht, wäre nicht die Apothekenüberwachungsbehörde, sondern die Lebensmittelüberwachung zuständig. Noch mehr Überwachung muss man ja nicht unbedingt haben ...
    Da diese Problematik auch schon mal Gegenstand bei den Prüfungen im 3. Staatsexamen ist, habe ich mir erlaubt, das Thema hier anzusprechen.

    Viele Grüße aus dem Rheinland
    H.-U. Thielmann

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